Kommentar
Hintergrund
Die Rationalen für eine Gewichtsreduktion sind eine Verbesserung von Komorbiditätsrisiken, von Transaminasen und der Leberhistologie (Nekroinflammation). Eine mediterrane Ernährungsweise kann Steatose und Insulinsensitivität verbessern. Übergewichtige bzw. adipöse NAFLD Patienten sollten bezüglich einer hypokalorischen Ernährung gemäß den Leitlinien zur Behandlung der Adipositas (AWMF Leitlinie Adipositas-Prävention und Therapie 050-001) beraten werden [Plauth, M. et al. 2019], [Garvey, W. T. et al. 2016], [Wirth, A. et al. 2014]. Das kalorische Ziel beträgt dabei 1200 kcal/d für Frauen und 1400-1500 kcal/d für Männer, entsprechend einer Reduktion um -500 bis -1000 kcal/d [Younossi, Z. M. et al. 2021]. Die Kombination von hypokalorischer Ernährung mit aerobem bzw. isometrischem Training wirkt synergistisch und verstärkt die Wirksamkeit hinsichtlich der Verbesserung von Steatose und nekroinflammatorischer Aktivität [Harrison, S. A. et al. 2009], [Vilar-Gomez, E. et al. 2015], [Promrat, K. et al. 2010], [Hickman, I. J. et al. 2004], [Thomas, E. L. et al. 2006]. Bei Veränderung der Energiebilanz in gleichem Ausmaß durch entweder alleinige hypokalorische Ernährung oder eine Kombination von weniger restriktiver Ernährung und körperlichem Training erzielten die Teilnehmer einer systematischen Studie jeweils den gleichen Gewichtsverlust (-10%) und die gleiche Verbesserung von Transaminasen, Leberfett und Insulinsensitivität [Larson-Meyer, D. E. et al. 2008]. Beide Interventionen sind auch für sich allein wirksam, wenn die jeweils andere Variable - Gewicht oder körperliche Aktivität - konstant gehalten wird. So führte aerobes Training ohne Änderung des Körpergewichts zu einer Abnahme des hepatischen Fettgehalts [Johnson, N. A. et al. 2009], [Hallsworth, K. et al. 2011], [Sullivan, S. et al. 2012], [Houghton, D. et al. 2017], ebenso wie die Gewichtsreduktion unter einer hypokalorischen low-carb bzw. low-fat Ernährung unter Beibehaltung eines inaktiven sitzenden Lebensstils [Haufe, S. et al. 2011]. NAFLD Patienten zeigen eine geringe körperliche Aktivität, bei diabetischen NAFLD Patienten rangiert sie im niedrigsten Quartil [Gerber, L. et al. 2012]. Übergewichtige bzw. adipöse NAFLD Patienten zeigen eine geringe Bereitschaft für Lebensstiländerungen; nur 10% befassen sich aktiv damit [Stewart, K. E. et al. 2015].
Die Studienlage zeigt keinen Vorteil für eine spezifische Zusammensetzung der Makronährstoffe Fett oder Kohlenhydrate einer hypokalorischen Diät hinsichtlich einer Gewichtsreduktion oder Besserung von Transaminasen oder histologischen Veränderungen einer NAFLD [Chalasani, N. et al. 2018], [Plauth, M. et al. 2019], [Younossi, Z. M. et al. 2021]. Dies trifft auch für den Einsatz von Formuladiäten, sogenannten very-low-energy-diets (VLED), als Lebensmittelersatz (meal replacement) zu [Baldry, E. L. et al. 2017], [Deibert, P. et al. 2019]. Unter Einsatz einer VLED (800 kcal/d) erreichten mehr als 80% einer Münchener Kohorte einen Gewichtsverlust von mindestens 10% in 52 Wochen, begleitet von signifikanten Verbesserungen von Transaminasen, Fatty Liver Index und NAFLD Fibrose Score [Hohenester, S. et al. 2018]. Möglicherweise ist eine eiweißreiche Ernährung vorteilhaft. Bei adipösen Patienten mit T2DM führte eine isokalorische eiweißreiche Ernährung nach 6 Wochen zu einer Verbesserung von Steatose, Insulinsensitivität und BMI [Markova, M. et al. 2017].
Die in den letzten Dekaden rasant steigende Adipositasprävalenz wurde mit dem steigenden Konsum von Fruktose und fruktosehaltigem Maissirup in prozessierten Lebensmitteln und Getränken in Verbindung gebracht [Bray, G. A. et al. 2004], [Roeb, E. et al. 2021], [Stanhope, K. L. et al. 2009], [Jensen, T. et al. 2018]. Metaanalysen zeigten jedoch nicht, dass Fruktosekonsum im Rahmen einer normokalorischen Ernährung die Ausbildung oder den Progress einer NAFLD begünstigt [Chung, M. et al. 2014], [Chiu, S. et al. 2014], [Stricker, Sebastian et al. 2021]. In einer doppelblinden Studie bei Übergewichtigen war die übermäßige Kalorienzufuhr, nicht aber Fruktose gegenüber isokalorischen Mengen von Glukose, mit einer Erhöhung von hepatischem Fettgehalt und Transaminasen assoziiert [Johnston, R. D. et al. 2013].
Die Ergebnisse sieben interventioneller [Katsagoni, C. N. et al. 2018], [Shai, I. et al. 2008], [Pérez-Guisado, J. et al. 2011], [Ryan, M. C. et al. 2013], [Trovato, F. M. et al. 2015], [Misciagna, G. et al. 2017], [Gelli, C. et al. 2017] und vier Beobachtungs-Studien [Tzima, N. et al. 2009], [Kontogianni, M. D. et al. 2014], [Aller, R. et al. 2015], [Trovato, F. M. et al. 2016] legen nahe, dass eine mediterrane Ernährung (ME) günstige Auswirkungen auf Körpergewicht und Insulinsensitivität sowie hepatische Steatose hat. Zur präventiven Wirksamkeit der ME bezüglich des Auftretens einer NAFLD ist die Datenlage jedoch weniger klar [EASL-Guideline et al. 2016], [Romero-Gómez, M. et al. 2017], [Abenavoli, L. et al. 2014], [Suárez, M. et al. 2017]. Daten der Framingham Studie zeigen ein reduziertes Risiko für eine NAFLD Neuerkrankung bei Menschen mit hoher Adhärenz an eine ME [Ma, J. et al. 2018]; hier war eine wie die ME qualitativ hochwertige Ernährung insbesondere bei Vorliegen genetischer Risikofaktoren wirksam. Eine Studie aus Griechenland fand keine Assoziation zwischen ME-Adhärenz und dem Vorliegen einer NAFLD, wohl aber eine negative Korrelation zwischen ME-Adhärenz einerseits und Insulinresistenz, Transaminasen, Lebersteifigkeit sowie histologisch diagnostizierter Steatose und Fibrose andererseits [Kontogianni, M. D. et al. 2014]. ME senkt das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen und T2DM Neuerkrankung, wo Adipositas und Insulinresistenz als ätiologische Faktoren ebenfalls eine Rolle spielen [Velasco, N. et al. 2014]. Im Vergleich mit allgemeinen Ernährungsempfehlungen verbessert ME Insulinsensitivität und Steatose auch ohne Gewichtsverlust [Ryan, M. C. et al. 2013]. In der CENTRAL Studie war die ME einer low-fat Diät hinsichtlich der mittels Ganzkörper MR bestimmten Fettmobilisierung aus Leber, Herz und Pankreas überlegen [Gepner, Y. et al. 2018].
Im Vergleich mit metabolisch Gesunden haben metabolisch kranke Normalgewichtige – das betrifft etwa 20% der normalgewichtigen Population – ein über dreifach erhöhtes Sterblichkeits- bzw. kardiovaskuläres Ereignisrisiko [Stefan, N. et al. 2018], [Štefan, L. et al. 2017]. So zeigte eine kontrollierte Studie an normalgewichtigen (BMI 22,7 kg/m2) NAFLD Patienten in Hong-Kong, dass eine hypokalorische Ernährung mit einer Gewichtsreduktion um 3-5% in 50% zur Remission der NAFLD (gemessen an der Bestimmung des hepatischen Fettgehalts mittels 1H-MRS) führte [Wong, V. W. et al. 2018]. Andere Diätformen müssen noch evaluiert werden [Buzzetti, E. et al. 2021], [Yaskolka Meir, Anat et al. 2021].
Aerobes bzw. isometrisches Training kann den hepatischen Fettgehalt und die Insulinresistenz senken [Johnson, N. A. et al. 2009], [Hallsworth, K. et al. 2011], [Sullivan, S. et al. 2012], [Houghton, D. et al. 2017], [Zelber-Sagi, S. et al. 2014], [Shojaee-Moradie, F. et al. 2016]. Es erscheint daher plausibel, normalgewichtigen NAFLD Patienten ein solches Training zu empfehlen, um Steatose und Insulinsensitivität zu verbessern. Eine Metaanalyse kommt zu dem Ergebnis, dass beide Trainingsformen bezüglich hepatologischer Endpunkte gleichermaßen wirksam sind, isometrisches Training aber für Menschen mit schlechter kardiorespiratorischer Fitness weniger belastend ist [Hashida, R. et al. 2017]. Die mediane wirksame Dosis lag für aerobes Training bei 4,8 MET (Metabolisches Äquivalent) in drei 40-minütigen Trainingseinheiten pro Woche und für isometrisches Training bei 3,5 MET in drei 45-minütigen Einheiten pro Woche [Hashida, R. et al. 2017].
Entsprechend der WHO Bewegungsrichtlinien vom 25.11.2020, publiziert unter https://www.who.int/publications/i/item/9789240015128, sollten Patienten mit NAFLD und einem BMI >20 und <25kg/m2 pro Woche mindestens 150 bis 300 Minuten aerobe körperliche Aktivität mittlerer Intensität ausführen oder mindestens 75 bis 150 Minuten aerobe körperliche Aktivität mit starker Intensität. Alternativ kommt auch eine äquivalente Kombination von Aktivität mittlerer und starker Intensität während der Woche in Frage.