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Hintergrund

Endoskopische Verfahren sind hinsichtlich der Gewichtsreduktion weniger effektiv und langanhaltend als die operativen Verfahren, können aber bei Versagen der konservativen Therapie und bei Kontraindikationen für ein operatives bariatrisches Verfahren Anwendung finden. Die AWMF Leitlinie Adipositas Chirurgie aus 2018 spricht eine „kann Empfehlung“ für die endoskopischen Verfahren – hier insbesondere für den Magenballon basierend auf der zum Entstehungszeitpunkt der LL gegebenen Datenlage aus [Dietrich, Arne et al. 2018] (Adipositaschirurgie 2018 AWMF 088-001).

Das am besten untersuchte endoskopische Verfahren ist der intragastrale Ballon (IGB). Er ist indiziert ab einem BMI von ≥30-40 kg/m2 mit einer zugelassenen Liegedauer von 6 Monaten. Eine aktuelle Metaanalyse untersuchte 13 RCTs (endoskopisch intragastraler Ballon vs. Sham oder Lifestyle Änderung) mit 1.523 Patienten und zeigte einen signifikanten Vorteil für den IGB hinsichtlich EWL (prozentualer Übergewichtsverlust) und TWL (prozentualer Gesamtgewichtsverlust) (-17.98% bzw. -4.40%) [Kotinda, Apst et al. 2020]. Eine ältere Metaanalyse aus dem Jahr 2008 [Imaz, I. et al. 2008] mit 3.698 eingeschlossenen Patienten belegte ein gutes Sicherheitsprofil der Methode mit ernsten Komplikation unter 1% (Dünndarmobstruktion 0,8%, Magenperforation 0,1%) und der Notwendigkeit einer früheren Entfernung bei Schmerzen/ Druckgefühl in 4,2% der Patienten. Der IGB zum Bridging bei einem BMI >50 kg/m2 vor bariatrischer Chirurgie erwies sich in einer neueren Meta-Analyse hinsichtlich der Gewichtsreduktion als nicht signifikant effektiv [Lee, Y. et al. 2019], so dass bei derart stark Übergewichtigen zumindest im Hinblick auf den Gewichtsverlust kein Vorteil für ein Bridging durch IGB besteht.

Der IGB ist bezüglich metabolischer und hepatologischer Parameter das am besten untersuchte endoskopische Verfahren. Tabelle "Studien zu endoskopischen Verfahren und Effekt auf metabolische Parameter und NAFLD" im Anhang gibt einen Überblick über die Studien und Ergebnisse. Nach 6 Monaten IGB zeigte sich ein signifikanter Rückgang des BMI, ein signifikanter Abfall von Glucose, Insulinspiegel und Triglyceriden sowie ein Abfall der Leberwerte (AST, ALT). Zwei Arbeiten untersuchten den Effekt auf die Leberhistologie mittels NAFLD Aktivitätsscore mit einem Rückgang um 2-3 Punkte [Lee, Y. M. et al. 2012], [Bazerbachi, F. et al. 2021]. Außerdem konnten bildgebende Verfahren (MRT, CT, US) in 4 Studien einen signifikanten Rückgang des Lebervolumens [Frutos, M. D. et al. 2007], des Steatosegrades [Forlano, R. et al. 2010], [Folini, L. et al. 2014] und des Fibrosestadiums [Bazerbachi, F. et al. 2021] zeigen.

Mit dem Einzug von endoskopischen Nahtverfahren wurde die Endoskopische Sleeve Gastroplasty (ESG = Endoskopischer Schlauchmagen) in den letzten Jahren eingeführt. Eine aktuelle dänische Metaanalyse hat 23 Studien - überwiegend Kohortenstudien und Fallserien - darunter drei nicht prospektive Vergleiche gegen den laparoskopischen Schlauchmagen (LSG), den chirurgischen endoluminalen Schlauchmagen (POSE = primary obesity surgery endoluminal procedure) und den endoskopischen Magenballon (IGB) analysiert [Due-Petersson, R. et al. 2020]. Es zeigte sich ein mittlerer Gewichtsverlust über 12 Monate von -16,3%. ESG war dem IGB und der Lifestyle Modifikationen bzgl. der Gewichtsabnahme überlegen und den chirurgischen Verfahren unterlegen bei allerdings geringerer Rate an unerwünschten Ereignissen. 2 Studien haben den ESG (Overstich Verfahren) hinsichtlich metabolischer und hepatologischer Parameter untersucht (siehe Anhang, Tabelle "Studien zu endoskopischen Verfahren und Effekt auf metabolische Parameter und NAFLD"). Neben der Gewichtsabnahme kam es zu einem signifikanten Abfall von HbA1c [Sharaiha, R. Z. et al. 2017], [Hajifathalian, K. et al. 2020] und einer Verminderung des NFS sowie des hepatischen Steatose Index nach 12 und 24 Monaten [Hajifathalian, K. et al. 2020]. Derzeit gibt es 2 laufende prospektive randomisierte Studien zu dem Verfahren: ESG (OverStich) + Lifestyle Modifikation vs. Sham + Lifestyle Modifikation bei Patienten mit histologisch gesicherter NASH [NCT 03426111] und ESG versus LSG [NCT04060368].

Der 3. endoskopische Ansatz umfasst die Umgehung des proximalen Dünndarms (Duodenum), da hier metabolische Prozess ablaufen, die insbesondere den T2DM günstig beeinflussen und damit auch die Lipogenese und Lipidspeicherung in der Leber vermindern können. Der endoskopische duodenal-jejunale Bypass mittels EndoBarrier® besteht aus einem Metallstent, der im Bulbus duodeni verankert wird. Daran angeschlossen ist ein Kunststoffschlauch, der das Duodenum bis ins Jejunum überbrückt. Für den EndoBarrier® wurde in einer Metanalyse von 15 zum Teil heterogenen Studien, davon 5 RCTs, ein effektiverer Gewichtsverlust im Vergleich zu Lifestyle Interventionen nachgewiesen [Rohde, U. et al. 2016]. Die Verbesserung der metabolischen Parameter HBA1c und Nüchternglukose erreichten nicht das Signifikanzniveau. Es traten 27 unerwünschte Ereignisse auf, Übelkeit, Erbrechen, Mukosa-Lazeration und Ulceration im Bulbus duodeni, 6 davon schwer. Eine retrospektive Arbeit aus Deutschland mit Untersuchung hepatologischer Parameter (siehe Anhang, Tabelle "Studien zu endoskopischen Verfahren und Effekt auf metabolische Parameter und NAFLD") zeigte eine verbesserte Diabeteseinstellung, einen Abfall von AST/ALT sowie einen Rückgang der Lebersteifigkeit und Steatosis hepatis [Gollisch, K. S. et al. 2017]. Aktuell ist das Verfahren in Deutschland nicht zugelassen.

Das duodenale Mukosa Resurfacing (DMR) (Revita System) fußt auf einer endoskopischen Ballonkatheter basierten zirkulären thermischen Ablation von 10 cm duodenaler Mukosa. Erste hochrangig publizierte prospektive Daten bei adipösen T2D zeigten eine Verbesserung der diabetischen Stoffwechsellage und einen Abfall der Leberwerte (siehe Anhang, Tabelle "Studien zu endoskopischen Verfahren und Effekt auf metabolische Parameter und NAFLD") [van Baar, A. C. G. et al. 2019], [van Baar, A. C. G. et al. 2020]. Weitere prospektive Studien zu Effektivität, Nebenwirkungen, sowie Einfluss auf Steatose und Leberfibrose bei NAFLD sind zu erwarten.

Das dritte endoskopische Verfahren, die partielle jejunale Diversion, stellt einen partiellen jejunoilealen Bypass dar, der über die endoskopische Einbringung von 2 Magneten generiert wird (100 cm distal des Treitz´schen Bandes und etwa 100 cm proximal der Ileocoecalklappe). Hier liegen derzeit nur kleine Machbarkeitsstudien vor (siehe Anhang, Tabelle "Studien zu endoskopischen Verfahren und Effekt auf metabolische Parameter und NAFLD") mit positivem Einfluss auf die metabolische Situation [Machytka, E. et al. 2017].

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