Kommentar
Hintergrund
Die Problematik der genauen Evaluierung der Leberfunktion bei höhergradiger Leberverfettung eines post mortal gespendeten Organes mittels ex vivo Maschinenperfusion wird in [Baba, H. A. et al. 2020] diskutiert. Patienten mit NAFLD sollen grundsätzlich als Organspender in Betracht gezogen werden. Das tolerable Ausmaß der Leberverfettung hängt dabei von der Art der Spende (Lebendspende vs. Leichenspende), der Art der Verfettung (makrovesikulär vs. mikrovesikulär) sowie weiteren Spender- und Empfängerfaktoren ab und muss in der individuellen Spender-/ Empfängerkonstellation festgelegt werden. Hinsichtlich der genauen Evaluation zur Leber-Lebendspende bei Patienten mit NAFLD sei auf die [DGVS Leitlinie Lebertransplantation, AWMF Register Nr. 021/29] verwiesen, da hier neben dem alleinigen Verfettungsgrad noch andere Faktoren berücksichtigt werden müssen.
Im Rahmen der postmortalen Spende gilt eine makrovesikuläre Steatose >30% als erweitertes Spenderkriterium. Eine mikrovesikuläre Steatose ist dagegen weniger relevant. Eine höhergradige makrovesikuläre Steatose des Transplantats stellt einen unabhängigen Risikofaktor für postoperative Komplikationen bis hin zum primären Transplantatversagen dar. Mitursache dafür ist ein erhöhter Ischämie-Reperfusionsschaden bei steatotischen Lebern [Chu, M. J. et al. 2015]. Neben der makrovesikulären Steatose haben weitere Faktoren wie z.B. das Spenderalter und die Ischämiezeit einen wesentlichen Einfluss auf die spätere Transplantatfunktion [Dutkowski, P. et al. 2012]. Auch Empfängerfaktoren müssen bei der individuellen Organakzeptanz berücksichtigt werden, um das kumulative Risiko bei der Transplantation von Organen mit erweiterten Spenderkriterien abzuschätzen [DGVS S2k Leitlinie Lebertransplantation, AWMF Register Nr. 021/29]. Das Vorgehen bezüglich der Organakzeptanz von steatotischen Spenderlebern unterscheidet sich bei Empfängern mit und ohne NASH nicht. Es existieren keine Daten, die ein unterschiedliches Vorgehen rechtfertigen, zumal eine Steatose des Transplantats ohnehin in der frühen Phase nach LTX rückbildungsfähig ist [EASL-Guideline et al. 2016], [Tsochatzis, E. et al. 2019].
Eine bessere Beurteilung der Leberfunktion und eine Konditionierung von steatotischen Transplantaten könnte zukünftig möglicherweise durch eine ex vivo Perfusion der Spenderlebern im Rahmen einer Maschinenperfusion erfolgen. Ergebnisse mit höhergradiger Evidenz liegen vor allem für die normotherme Perfusion von Spenderlebern vor. Hier konnte im Rahmen einer prospektiv randomisierten Studie gezeigt werden, dass nach normothermer Maschinenperfusion mehr Transplantate verwendet wurden und diese postoperativ einen geringeren Transplantatschaden aufwiesen als die Kontrollgruppe mit kalter Konservierung ohne Maschinenperfusion [Nasralla, D. et al. 2018]. Darüber hinaus konnten durch Einsatz einer normothermen Maschinenperfusion 22 von 31 (71%) Lebern, die ursprünglich als nicht geeignet für eine Transplantation eingeschätzt wurden, nach Maschinenperfusion und Testung auf Funktionalität transplantiert werden. Bei einem hohen Anteil der Lebern war eine Steatose als alleiniger oder kombinierter Ablehnungsgrund für eine Transplantation angegeben worden [Mergental, H. et al. 2020]. Daneben gibt es auch Hinweise, dass nach Maschinenperfusion möglicherweise der Ischämie-Reperfusionsschaden geringer ausgeprägt ist, was besonders bei steatotischen Transplantaten von Vorteil sein könnte [Jassem, W. et al. 2019].
Bei geplanter Lebendspende ist der Ausschluss einer relevanten Steatose des potentiellen Lebendspenders sowohl aus Gründen des Spenderschutzes, als auch hinsichtlich einer möglichen initialen Nichtfunktion beim Empfänger wichtig. Daher sind die Grenzen für eine Steatose bei der Lebendspende, insbesondere erwachsenen Empfängern, deutlich geringer als bei der postmortalen Spende. Lebendspender mit einer makrovesikulären Steatose von >30% werden in den meisten Zentren abgelehnt. Das genaue Ausmaß der akzeptablen Steatose bei Lebendspendern hängt dabei unter anderem vom Spenderalter und dem Volumen der Restleber des Spenders nach der Lebendspende (future liver remnant) ab [Lee, S. G. et al. 2015] und kann nicht allgemein angegeben werden. Bei potentiellen Spendern mit zu hoher oder grenzwertiger Verfettung der Leber kann durch konservative Maßnahmen (Diät, Lebensstiländerung) ein Rückgang der Verfettung erreicht werden. Das gilt auch für normalgewichtige Spender mit NAFLD [Jin, Y. J. et al. 2012].
Zur Einschätzung der Parenchymqualität erfolgt bei der Evaluierung zur Lebendspende eine Sonographie und eine VCTE der Leber zur Quantifizierung der Steatose mittels CAP und der Fibrose mittels Stiffness-Messung. Eine zusätzliche Beurteilung des Verfettungsgrades mittels Biopsie ist v.a. bei Lebendspendern mit einem erhöhten BMI erforderlich, da die Prävalenz einer Steatose bei potentiellen Spendern bereits mit einem BMI >28 kg/m2 bei 76% liegt [Rinella, M. E. et al. 2001]. Gleiches gilt, wenn die CAP-Messung mit >248 dB/m erhöht ist bzw. eine VCTE-Messung >7 kPa liegt.
Für detailliertere Ausführungen sei hier auf die Leitlinien zur „Lebertransplantation“ verwiesen [DGVS S2k Leitlinie Lebertransplantation, AWMF Register Nr. 021/29].