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Hintergrund

Die NAFLD ist häufig mit relevanten extrahepatischen Komorbiditäten assoziiert, die den Therapierfolg einer LTX gefährden können [Adams, L. A. et al. 2017]. Zahlreiche Studien brachten das Vorliegen einer Adipositas mit einem schlechteren Therapieergebnis nach LTX in Verbindung [Haldar, D. et al. 2019], [Beckmann, S. et al. 2019], [Nair, S. et al. 2002][Malik, S. M. et al. 2009], [Dick, A. A. et al. 2009]. Besonders hervorzuheben ist dabei eine aktuelle europäische Registerstudie mit Auswertung von über 66.000 Lebertransplantationen, die in der multivariaten Analyse und gezielt in der Subpopulation von Patienten mit NASH ohne HCC eine Assoziation der morbiden Adipositas (BMI ≥40 kg/m²) mit einem schlechteren Überleben nach LTX nachwies [Haldar, D. et al. 2019]. Diese Assoziation wurde bereits in früheren - allerdings diagnoseunabhängig ausgewerteten – Registerstudien dokumentiert [Nair, S. et al. 2002], [Dick, A. A. et al. 2009], [Conzen, K. D. et al. 2015]. Die ältere Leitlinie der AASLD definierte deshalb einen BMI von ≥40 kg/m² (WHO Klasse III) als relative Kontraindikation gegen eine LTX [Martin, P. et al. 2014].

Einschränkend muss festgehalten werden, dass Studien an größeren Patientenkollektiven vorliegen, die einen höheren BMI nicht als unabhängigen Risikofaktor für die Sterblichkeit nach LTX identifizieren konnten [Leonard, J. et al. 2008], [Hakeem, A. R. et al. 2013], [Fujikawa, T. et al. 2006]. Dabei stellte die Verfälschung des BMI durch Aszites eine relevante Störgröße für mutmaßliche Assoziationen zwischen Adipositas und Prognose nach LTX dar [Leonard, J. et al. 2008]. Bemerkenswert ist, dass die europäische Transplantationsregisterstudie in dem NASH Kollektiv nicht nur eine Assoziation für morbide Adipositas (und Kachexie) mit einem schlechterem Überleben nachwies, sondern auch für einen BMI im normalgewichtigen Bereich (18,5-24,9 kg/m2) [Haldar, D. et al. 2019]. Eine plausible Erklärung könnte sein, dass ein normalgewichtiger BMI in der üblicherweise meist übergewichtigen Population von NAFLD/NASH-Patienten auf einen stattgehabten Muskelschwund und eine manifeste Sarkopenie hindeuten könnte, die sich negativ auf den Therapieerfolg ausgewirkt hat. Zudem errechnete eine ältere retrospektive Studie an über 25.000 Wartelistenpatienten, dass auch bei Patienten mit morbider Adipositas ein relevanter Überlebensvorteil durch die LTX erzielt wird, der nicht geringer ist als in anderen BMI-Bereichen [Pelletier, S. J. et al. 2007].

All dies zeigt, dass der BMI kein universell anwendbares, ausreichend akkurates Instrument ist, um eine Kontraindikation gegen die LTX bei NAFLD-Patienten zu definieren. Zu diesem Schluss kam auch eine aktuelle Metaanalyse, die zwar eine signifikante Assoziation zwischen Adipositas mit BMI ≥30 kg/m2 und schlechterem Überleben nach LTX beschrieb, sich jedoch aufgrund der Heterogenität der eingeschlossenen Studien gegen die Anwendung des BMI als Ausschlusskriterium aussprach [Beckmann, S. et al. 2019]. Vor diesem Hintergrund sollte der BMI zur Orientierung über das Komplikationsrisiko übergewichtiger Patienten nach LTX eingesetzt werden und nicht als kategorisches Ausschlusskriterium. Möglicherweise werden zukünftige Studien zeigen, dass bei NASH Zirrhose andere Parameter die Erfolgsaussichten einer LTX besser abbilden als der BMI und ebenfalls mit Überleben auf der Warteliste oder nach LTX assoziiert sind, wie Frailty [Lai, J. C. et al. 2019], Myosteatose [Czigany, Z. et al. 2020] oder kardiopulmonale Leistungskapazität [Ney, M. et al. 2016]. Zur detaillierten Bewertung möglicher vaskulärer, metabolischer oder neoplastischer Komorbiditäten der NASH im Rahmen der LTX-Evaluation wird auf die [DGVS S2k Leitlinie Lebertransplantation, AWMF Register Nr. 021/29] verwiesen.

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