Kommentar
Hintergrund
Eine LTX ist eine etablierte Therapieoption bei Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose oder HCC auf dem Boden einer NASH Zirrhose. Betreff der Indikationsstellung wird auch auf die S2k Leitlinie Lebertransplantation verwiesen [AWMF Register Nr. 021/29], die 2023 erscheinen soll.
Weltweit nimmt die NASH Zirrhose als Indikation zur LTX deutlich zu. Entsprechend einer Analyse der UNOS Datenbank stieg die Zahl der mit einer NASH Zirrhose transplantierten Patienten von 2003 bis 2014 um 162%. In den USA ist die NASH-assoziierte Leberzirrhose mittlerweile die zweithäufigste Indikation zur LTX bei Erwachsenen und es wird prognostiziert, dass sie zur häufigsten Indikation wird [Cholankeril, G. et al. 2017], [Axley, P. et al. 2019], [Holmer, M. et al. 2018].
Zahlreiche Studien haben das Überleben von Patienten mit NASH nach LTX im Vergleich zu Patienten mit anderen Lebererkrankungen untersucht. In den meisten Studien ist das 1-Jahres-Patientenüberleben der NASH-Patienten dabei tendenziell geringfügig schlechter [Samji, N. S. et al. 2020], [Thuluvath, P. J. et al. 2018]. In einer großen Untersuchung der European Liver Transplant Registry war das 1- und 10-Jahres-Patientenüberleben bei den 1.667 eingeschlossenen Patienten mit NASH Zirrhose ohne HCC im Vergleich zu den 47.063 Non-NASH Patienten ohne HCC nicht signifikant unterschiedlich (1- und 10-Jahres-Patientenüberleben: NASH 84,1% und 62,1% versus Non-NASH 86,2% und 62,9%). Gleiches galt auch für Patienten mit HCC, wobei jedoch insgesamt das Überleben der HCC Patienten signifikant schlechter war. In der multivariablen Cox Regressionsanalyse war ein Patientenalter >61 Jahren (HR 2,07) bzw. >65 Jahren (HR 1,72) im Vergleich zum Alter <45 Jahren mit einer erhöhten Mortalität assoziiert. Des Weiteren zeigte sich eine erhöhte Mortalität für Patienten mit BMI >40 kg/m2 (HR 1,96) aber auch mit niedrigem BMI von <18,5 kg/m2 (HR 4,29) [Haldar, D. et al. 2019]. Eine Analyse der UNOS Datenbank mit Einschluss von Patienten zwischen 2002 bis 2016 zeigte ein vergleichbares Patientenüberleben zwischen den NASH Patienten und den Patienten mit kryptogener, autoimmune oder alkoholtoxischer Leberzirrhose [J Hepatol et al. 2012]. Andererseits fand sich in einer großen Metaanalyse von Beckmann et al., die 37 Studien aus 11 Ländern zwischen 1996 und 2016 einschloss, ein negativer Effekt von Adipositas auf den Transplantationserfolg. Patienten mit BMI >30 kg/m2 bzw. BMI >35 kg/m2 hatten ein signifikant schlechteres Überleben im Vergleich zu normgewichtigen Patienten (72,6% und 69,8% vs 84,2%) [Beckmann, S. et al. 2019].
In der Nutzen-/Risikoabschätzung wird die Indikation zur LTX bei Patienten mit dekompensierter NASH Zirrhose dadurch unterstrichen, dass die Wartelistenmortalität bei Patienten mit NASH bzw. Adipositas höher als in anderen Patientengruppen zu sein scheint. Eine Analyse der UNOS Datenbank zeigte, dass Patienten mit Adipositas einen höheren Benefit von der LTX hatten als normalgewichtige Patienten [Schlansky, B. et al. 2016]. Allerdings ist der BMI nur eingeschränkt aussagekräftig bei NASH Zirrhose und hydroper Dekompensation. So fand sich in der Studie von Leonard et al. kein Einfluss des Gewichtes auf das Überleben, wenn das Gewicht für das Vorhandensein von Aszites korrigiert wurde [Leonard, J. et al. 2008]. Zum anderen reflektiert der BMI nicht die bestehende Muskelmasse. Eine Sarkopenie, welche mit einem schlechteren Überleben nach Transplantation assoziiert ist, kann auch bei adipösen Patienten vorliegen und z.B. durch Messung des Muskelmassenindexes erfasst werden.
Das Rezidivrisiko der NASH stellt per se keine Kontraindikation zur LTX dar. Zwar entwickeln 41-54% aller NASH Patienten innerhalb von 1 Jahr nach LTX [Sourianarayanane, A. et al. 2017], [Tokodai, K. et al. 2019] und 89% im Langzeitverlauf wieder eine NAFLD [Bhati, C. et al. 2017], aber die Fibroseentwicklung erscheint deutlich langsamer als bei Patienten mit alkoholbedingter Lebererkrankung. In einer kürzlich veröffentlichten monozentrischen amerikanischen Kohortenstudie mit 226 aufgrund einer NASH Zirrhose transplantierten Patienten fand sich zwar 3 Jahre nach Transplantation bei 49% histologisch ein NASH Rezidiv, aber nur bei 4 Patienten nach 9 Jahren eine Zirrhose [Kakar, S. et al. 2019]. Eine andere monozentrische, amerikanische Untersuchung, die 103 Patienten aufgrund NASH Zirrhose transplantierter Patienten einschloss, fand histologisch bei 20,6% nach 47 Monaten post LTX im Median und mittels transienter Elastographie bei 26,8% nach 75 Monaten eine fortgeschrittene Fibrose (>F3) [Bhati, C. et al. 2017]. Diese kürzlich durchgeführte Untersuchung zeigte somit höhere Rezidivraten der NASH Zirrhose als ältere, größere Untersuchungen, bei denen die Rezirrhoserate zwischen ca. 4-10% nach ca. 10 Jahren lag. Dennoch scheint die Rezidivrate verglichen mit anderen Transplantationsindikationen akzeptabel und keinesfalls ein Grund für die Ablehnung der NASH Zirrhose als LTX-Indikation.