Kommentar
Hintergrund
Die Assoziation von NAFLD-Zirrhose und HCC-Entwicklung ist in den letzten Jahren gut untersucht und belegt worden. Patienten mit einer gesicherten NAFLD-Zirrhose haben ein deutlich erhöhtes HCC-Risiko. In zwei unterschiedlichen amerikanischen Kohortenstudien lag das HCC-Risiko bei 1,56% bzw. 2,6% pro Jahr, insgesamt kann es bei über 1,5% eingeordnet werden [Ascha, M. S. et al. 2010], [Ioannou, G. N. et al. 2019]. Das ist etwas niedriger als bei Patienten mit HCV-bedingter Zirrhose, bei denen die jährliche HCC-Inzidenz ca. 4% beträgt. In Anbetracht der Tatsache, dass NAFLD-assoziierte HCC oft eine schlechtere Prognose haben, da sie häufiger bei älteren und vorerkrankten Patienten auftreten und oft später entdeckt werden, ist hier eine regelmäßige Surveillance zu empfehlen [Kansagara, D. et al. 2014], [Singal, A. G. et al. 2014]. Diese ist bei Patienten mit NAFLD Zirrhose als kosteneffizient einzuschätzen, da die jährliche Inzidenz für ein HCC bei mehr als 1,5% liegt [Andersson, K. L. et al. 2008], [Colombo, M. et al. 2009], [Sarasin, F. P. et al. 1996]. Allerdings konnte zuletzt in einer großen amerikanischen matched case-control Studie im Rahmen des Veterans Affairs Healthcare System keine Verbesserung der Tumor-assoziierten Mortalität von Patienten mit Leberzirrhose durch regelmäßige Screening-Untersuchungen gesehen werden [Moon, A. M. et al. 2018]. Diese Ergebnisse stellen die Sinnhaftigkeit der HCC-Screeninguntersuchungen bei Patienten mit Leberzirrhose in Frage und müssen daher in Folgestudien weiter untersucht werden.
Die Sonographie der Leber ist ein breit verfügbares, kostengünstiges und effektives Screeningverfahren zur HCC-Detektion in Risikogruppen [Nurnberg, D. et al. 2008], [Schuler, A. et al. 2010], [Zoli, M. et al. 1996] mit dem Vorteil der breiten Verfügbarkeit. Da die Screeningqualität maßgeblich von der Erfahrung des Untersuchers sowie von der Gerätequalität abhängig ist, wird für die Screeninguntersuchungen ein/e erfahrene/r Untersucher/in mit ausreichender jährlicher Untersuchungszahl und ein Gerät mit einer Qualitätsstufe analog DEGUM II empfohlen (http://www.degum.de/), (https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/hcc-und-biliaere-karzinome).
Im Falle einer unzureichenden Beurteilbarkeit der Leber im Ultraschall kann eine zusätzliche MRT angeboten werden. In einer Meta-Analyse zum HCC-Screening konnten zwei Studien zur Stellung der MRT beim HCC Screening ausgewertet werden [Kim, S. Y. et al. 2017], [Shah, T. U. et al. 2006], [Tzartzeva, K. et al. 2018]. Es ergab sich hier eine gepoolte Sensitivität für die HCC-Detektion von 83,1% (95% CI 72,0%-90,5%) sowie eine Spezifität von 89,1% (95% CI 86,5%-91,3%) [Tzartzeva, K. et al. 2018]. Eine der beiden Studien ermittelte eine signifikant bessere Sensitivität und Spezifität von MRT gegenüber Ultraschall für die HCC-Entdeckung bei Zirrhosepatienten [Kim, S. Y. et al. 2017]. Zur Klärung der Kosteneffektivität von MRT-Untersuchungen für die HCC-Surveillance sind weitere Studien notwendig.
Die obligate zusätzliche a-Fetoprotein(AFP)-Bestimmung war zuletzt in den deutschen und europäischen HCC-Leitlinien nicht mehr empfohlen worden [4930 et al. null], [EASL-Guideline et al. 2016], da ein eindeutiger Zusatznutzen der Bestimmung unklar blieb. Eine aktuelle Meta-Analyse zur HCC-Surveillance legt allerdings eine zusätzliche AFP-Bestimmung zum US nahe. Insgesamt wurden 32 Studien mit 13.367 Patienten analysiert. Der alleinige US hatte mit 45% eine niedrigere Sensitivität für die HCC-Detektion als die Kombination US+AFP mit 63% (relatives Risiko 0,88; 95% CI 0,83-0,93 für alle Stadien, im frühen Stadium RR 0,81; 95% CI 0,71-0,93) [Tzartzeva, K. et al. 2018]. Aufgrund der divers diskutierten Wertigkeit der alleinigen AFP-Bestimmung sind in den letzten Jahren Biomarker oder Kombinationen mehrerer Biomarker zum HCC Screening in Studien getestet worden. Hier hat sich z.B. der GALAD Score als vielversprechendes Screeningverfahren hervorgetan. Beim GALAD Score wird das HCC-Risiko mittels Patientenalter, Geschlecht sowie den Biomarkern AFP, der AFP Isoform L3 (AFP-L3) und dem Des-Gamma-Carboxy Prothrombin (DCP) ermittelt [Best, J. et al. 2020]. Patienten mit HCC konnten hierdurch mit einer AUC von 0,96 identifiziert werden. Weiterhin wurden verschiedene microRNAs als Biomarker für ein HCC untersucht. Bei Patienten mit chronischer Hepatitis B oder C konnten deutlich erniedrigte Mengen der microRNA-139 im Falle eines HCC detektiert werden [Li, T. et al. 2014], [Mourad, L. et al. 2018]. Für die mircoRNA-182 gibt es diskordante Ergebnisse. Eine Studie ergab ein erhöhtes HCC Risiko im Falle einer Hochregulation von microRNA182, eine andere ergab eine Herunterregulation derselben microRNA bei HCC Patienten mit chronischer Hepatitis C [Chen, L. et al. 2015], [Shaheen, N. M. H. et al. 2018]. Auch miR150, miR331-3p oder miR193 scheinen interessante Marker für die Diagnostik bzw. auch Verlaufsprädiktion der Erkrankung zu sein [Lee, T. Y. et al. 2017], [Chen, L. et al. 2015], [Loosen, S. H. et al. 2020]. Insgesamt ist die Datenlage zu gering, um Empfehlungen für eine microRNA-Testung im Rahmen von Screening-Untersuchungen auszusprechen.