Kommentar

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Hintergrund

In Abhängigkeit des Risikoprofils können eine mehrstufige Methodenkombination oder eine Wiederholung der Elastographie-Messung die diagnostische Aussagekraft verbessern. Parameter der klassischen B-Bild- und Duplexsonographie können zwischen einfacher NAFL und NASH mit Fibrose nicht sicher differenzieren [Castera, L. et al. 2019]. Zudem hat die B-Bild-Sonographie auch bei Verwendung von Hochfrequenzsonden eine eingeschränkte Sensitivität zur Detektion der kompensierten Leberzirrhose (cACLD) [Pfeifer, L. et al. 2014]. Elastographische Verfahren können das Ausmaß fibrotischer Veränderungen des Leberparenchyms durch Messung der Elastizität des Lebergewebes besser graduieren und liefern eine quantitative Einschätzung. Zur Verfügung stehen die transiente Elastographie (TE), insbesondere die Vibrations-kontrollierte TE (VCTE) als Stand-alone-Gerät, sowie Scherwellen-basierte Methoden (SWE) wie die point-SWE (pSWE) und die 2D-SWE [Castera, L. et al. 2019], [Dietrich, C. F. et al. 2017]. Die SWE-Methoden sind in Ultraschallgeräte integriert und weisen entsprechend der Hersteller eine unterschiedliche Bezeichnung, z.B. Acoustic Radiation Force Impulse-Imaging (ARFI, Siemens), Elast-PQ (Philipps) oder Supersonic Shear-Wave Elastographie auf. Die für andere Organsysteme häufig eingesetzte Strain-Elastographie hat in der klinischen Praxis keinen Stellenwert [Castera, L. et al. 2019], [Dietrich, C. F. et al. 2017], [EASL-Guideline et al. 2015].

VCTE und SWE wurden in Histologie-kontrollierten Studien vornehmlich bei Patienten mit viraler Hepatitis evaluiert [Herrmann, E. et al. 2018], [Erman, A. et al. 2018], [Nierhoff, J. et al. 2013] und zeigten dabei einen hohen negativen prädiktiven Wert für den Ausschluss einer fortgeschrittenen Fibrose und/oder Zirrhose. Für die Lebersteifigkeitsmessung mittels VCTE und pSWE gelten etablierte Qualitätsindikatoren [Dietrich, C. F. et al. 2017], [Erman, A. et al. 2018]. Für die Diagnostik der fortgeschrittenen Fibrose bei NAFLD wurden folgende VCTE Cut-offs vorgeschlagen: 7,9 kPa mit einer Sensitivität von 91%; 9,6 kPa mit einer Spezifität von 92% [Wong, V. W. et al. 2010], [Tapper, E. B. et al. 2016]. Die Anwendung der VCTE mit der M-Sonde ist bei adipösen Patienten (BMI >30 kg/m²) begrenzt und mit falsch-positiven Befunden verbunden [Karlas, T. et al. 2015]. Inzwischen wurde die Anwendbarkeit der VCTE durch die XL-Sonde optimiert [Wong, V. W. et al. 2012] und der Stellenwert bei NAFLD durch große Studien [Eddowes, P. J. et al. 2019], [Siddiqui, M. S. et al. 2019] und Metaanalysen belegt [Hsu, C. et al. 2019], [Jiang, W. et al. 2018]. Bei morbider Adipositas können nur in ca. 60% der Fälle gültige Messwerte erhoben werden [Wan, T. et al. 2020]. In einer großen prospektiven multizentrischen europäischen Studie mit 373 ausgewerteten Patienten wurden VCTE Cut-offs von 8,2 kPa für F≥2 (Sens. 71%, Spez. 70%), 9,7 kPa für F≥3 (Sens. 71%, Spez. 75%) und 13,6 kPa für F4 (Sens. 85%, Spez. 79%) bzw. 10,9 kPa für F4 Cut-off bei 90% Sensitivität [Eddowes, P. J. et al. 2019] unabhängig von der verwendeten Sonde (M oder XL) bestätigt [Eddowes, P. J. et al. 2019], [Berger, A. et al. 2019]. Eine weitere große europäische Studie von 5648 Patienten mit chronischer Lebererkrankung (19% Patienten mit NAFLD) konnte VCTE Cut-Offs von <8 kPa und >12 kPa für den Ausschluss bzw. die Diagnose einer fortgeschrittenen Fibrose mit einer Sensitivität von 93% und Spezifität von 88% bei NAFLD weiter bestätigen [Papatheodoridi, M. et al. 2021]. Ein VCTE Cut-Off von <8 KPa wird auch in der aktuellen europäischen Leitlinie für den Ausschluss einer fortgeschrittenen Fibrose bei NAFLD empfohlen [Berzigotti, A. et al. 2021]. Kurzfristige serielle Untersuchungen konnten den positiven Vorhersagewert erhöhen, wenn zu beiden Messzeitpunkten ein pathologischer Wert (>7,9 kPa) vorlag [Chuah, K. H. et al. 2020].

Für die pSWE und 2D-SWE liegen ebenfalls Histologie-kontrollierte Daten für die Anwendung bei NAFLD Patienten vor [Ozturk, A. et al. 2020], [Jamialahmadi, T. et al. 2019]. Der Vorteil dieser Techniken ist die bessere Anwendbarkeit bei Adipositas [Jiang, W. et al. 2018], wobei anthropometrische Faktoren bei der Interpretation der Messwerten berücksichtigt werden müssen [Giuffrè, M. et al. 2020]. Je nach Methode liegen die Cut-off-Werte [Cassinotto, C. et al. 2020] und die diagnostische Genauigkeit [Furlan, A. et al. 2020] bei NAFLD-Patienten im Bereich der VCTE. Eine diagnostische Überlegenheit gegenüber der VCTE konnte bislang nicht nachgewiesen [Leong, W. L. et al. 2020]. VCTE und die SWE-basierten Methoden sollten durch erfahrene Anwender durchgeführt werden, wobei technische und Patienten-bezogene Einflussfaktoren berücksichtigt werden müssen [Ferraioli, G. et al. 2020]. SWE-basierte Methoden sind in der Durchführung komplexer als die VCTE und sollten durch einen erfahrenen Arzt angewendet werden. Die Bestimmung der Lebersteifigkeit sollte mindestens drei Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme in einer standardisierten Position unter Vermeidung extremer Atemmanöver erfolgen. Da sowohl eine akute Hepatitis als auch extrahepatische Erkrankungen wie Rechtsherzinsuffizienz und Obstruktion der Gallenwege zu Veränderungen der Leberelastizität führen, müssen diese Confounder mit geeigneten Maßnahmen erfasst und bewertet werden. Hingegen beeinflusst das Ausmaß der hepatischen Steatose die Lebersteifigkeitsmessung nur wenig [Karlas, T. et al. 2018]. Für detaillierte Anwendungshinweise der einzelnen elastographischen Methoden wird auf die Empfehlungen der Fachgesellschaften verwiesen [Dietrich, C. F. et al. 2017], [EASL-Guideline et al. 2015], [Ferraioli, G. et al. 2019]. Insbesondere müssen Hersteller-spezifische Empfehlungen und Technologie-adaptierte Cut-offs beachtet werden [Piscaglia, F. et al. 2016], [Barr, R. G. et al. 2020].

Analog zur Steatosequantifizierung können MR-Techniken auch für die Beurteilung der Leberfibrose verwendet werden. Die MR-Elastographie (MRE) hatte im Vergleich zu den oben aufgeführten Ultraschallmethoden eine etwas höhere diagnostische Genauigkeit [Hsu, C. et al. 2019], [Leong, W. L. et al. 2020] und zeigte in Kombination mit Serummarkern einen hohen positiven Vorhersagewert [Jung, J. et al. 2020]. Aufgrund der Kosten und limitierten Verfügbarkeit sowie der im Vergleich zur VCTE geringeren Datenlage bei NAFLD ist das Verfahren für die klinische Routineanwendung weniger geeignet.

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