Erläuterungen

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Hintergrund

Präexistente oder selektionierte resistenzassoziierte Substitutionen (RAVs) gegenüber den verschiedenen DAAs beeinflussen die antivirale Aktivität der entsprechenden Substanz und können daher mit einer Verringerung der Viruseradikationsrate assoziiert sein. Allerdings konnte für die Mehrzahl der verfügbaren DAAKombinationstherapien keine relevante Bedeutung für das virologische Therapieansprechen bei einer Erst-DAA-Therapie nachgewiesen werden, weshalb keine generelle Resistenzbestimmung empfohlen wird [Sarrazin, C et al. 2016].

HCV-Genotyp 1

Grazoprevir und Elbasvir

Bei der Behandlung mit Grazoprevir und Elbasvir hatten RAVs im Bereich der NS3-Protease keinen wesentlichen Einfluss auf das Therapieansprechen. Bei einer Infektion mit dem HCV-Genotyp 1b wurde ebenfalls kein signifikanter Einfluss von präexistenten Resistenzen im Bereich des NS5A-Gens mit SVR-Raten von 92 % und 99 % bei Patienten mit und ohne RAVs gefunden [Zeuzem, S et al. 2015], [Kwo, P. et al. 2015]. Bei einer Therapie mit Grazoprevir und Elbasvir über 12 Wochen und einer HCV-Genotyp-1a-Infektion lagen die SVR-Raten bei Patienten mit und ohne Baseline-RAVs jedoch bei 53 % und 97 % [Zeuzem, S et al. 2015], [Kwo, P. et al. 2015]. Lag eine Ausgangsviruslast (< 800 000 IU/ml) vor, konnte kein klinisch relevanter Einfluss von Baseline-RAVs nachgewiesen werden. Durch eine Verlängerung der Therapiedauer auf 16 Wochen und Hinzunahme von Ribavirin wurde eine SVR bei allen Patienten unabhängig vom Nachweis von NS5A-RAVs erreicht. Baseline-RAVs im NS5A-Gen fanden sich bei 7 % der mit HCV-Genotyp 1a und 14% der mit HCV-Genotyp 1b infizierten Patienten (Fachinformation) [Kwo, P et al. 2017].

Daher wird für die Therapie mit Grazoprevir und Elbasvir eine Resistenztestung vor Therapiebeginn bei einer HCV-Genotyp-1a- Infektion empfohlen, wenn die HCV-RNA > 800 000 IU/ml beträgt (IIb). Bei Patienten mit nachweisbarer NS5A-Resistenz (M/L28 T/A,Q/R30E/H/R/G/K/L/D, L31 M/V/F, H58D, Y93C/H) sollte eine Therapie mit Grazoprevir und Elbasvir auf 16 Wochen verlängert und zusätzlich sollte Ribavirin gegeben oder ein alternatives Therapieregime ausgewählt werden (IIb).

HCV-Genotyp 3

Velpatasvir und Sofosbuvir

Bei Patienten mit und ohne präexistente NS5A-Resistenzen, die in 12 % der Fälle nachgewiesen wurden, und einer Therapie mit Velpatasvir und Sofosbuvir über 12 Wochen lagen die SVR-Raten bei 88 % und 97 % [Foster, GR et al. 2015], [Hezode, C et al. 2018]. Für die Hauptresistenzvariante Y93H zeigte sich die größte Differenz mit einer SVR-Rate von 84 % versus 96 %. Der Effekt war bei Patienten sowohl mit (50 % versus 93 %) als auch in abgeschwächter Form ohne Zirrhose (91 % versus 99 %) nachweisbar. Es ist zu vermuten, dass durch eine Hinzunahme von Ribavirin und ggf. eine Verlängerung der Therapiedauer eine Steigerung der SVR-Rate erreicht werden kann. Dazu liegen Daten aus einer Studie bei Patienten mit dekompensierter Zirrhose und einer Therapie mit Velpatasvir, Sofosbuvir und Ribavirin über 12 Wochen vor. Bei ihnen lag die SVR-Rate bei fehlender Y93H-Resistenz bei 91 % (10/11 Patienten). Von den zwei Patienten mit Y93H erreichte einer eine SVR (50 %, 1/2). Der günstige Effekt der Hinzunahme von Ribavirin im Vergleich zu Placebo wurde in der Folge in einer prospektiven, randomisierten Studie bei Patienten mit Zirrhose und einer Therapie über 12 Wochen bestätigt. Bei ihnen fanden sich eine erhöhte SVR-Rate und entsprechend eine niedrigere Relapserate bei Patienten mit im Vergleich zu Patienten ohne Ribavirin (96 % versus 91 % und 2 % versus 5 %) (IIb) [Esteban, R et al. 2018].

Damit kann bei Patienten mit einer HCV-Genotyp-3-Infektion und insbesondere bei Vorliegen einer Zirrhose und einer geplanten Therapie mit Velpatasvir und Sofosbuvir eine Resistenzanalyse durchgeführt und bei Nachweis einer Y93H-NS5A-Resistenz zusätzlich Ribavirin gegeben werden (IIb).

Glecaprevir plus Pibrentasvir

Auch bei der Gabe von Glecaprevir plus Pibrentasvir scheinen präexistente virale Resistenzen bei Patienten mit einer HCV-Genotyp-3-Infektion eine Rolle zu spielen. In der Zulassungsstudie für die 8-Wochen-Therapie fanden sich deutliche Unterschiede bei den SVR-Raten für Patienten mit und ohne NS3 (86 % versus 98 %) bzw. NS5A (91 % versus 98 %) RAVs [Zeuzem, S et al. 2018]. In der Gesamtanalyse der Bedeutung von Resistenzen im gesamten Zulassungsprogramm konnte ein Trend zu höheren SVR-Raten bei einer längeren Therapiedauer von 12 bzw. 16 Wochen beim Vorliegen insbes. von NS5A-Resistenzen bei Patienten mit einer HCV-Genotyp-3-Infektion gefunden werden [Krishnan, P et al. 2018], [Krishnan, P et al. 2018]. In die Zulassungsstudie für eine 8-wöchige Therapie bei Vorliegen einer kompensierten Zirrhose wurden n = 63 Patienten mit einer HCV-Genotyp-3-Infektion eingeschlossen. Bei einem kam es zu einem virologischen Therapieversagen, ohne dass vor Therapiebeginn virale Resistenzen nachweisbar waren. Von zwei weiteren Patienten ist das abschließende virologische Therapieansprechen nicht bekannt, und die Prävalenz von RAVs wurde in der Gruppe der mit HCVGenotyp 3 infizierten Patienten nicht berichtet [Brown, RS et al. 2020]. Insgesamt sind die Patientenzahlen aus den verschiedenen Studien zu klein, um eindeutige Therapieempfehlungen aussprechen zu können. Daher kann bei einer geplanten Therapie mit Glecaprevir und Pibrentasvir über 8 Wochen eine NS5A-Resistenzanalyse durchgeführt werden (V).

Patienten mit Versagen auf eine DAA-Therapie

Bei Patienten mit Therapieversagen auf eine DAA-basierte Therapie sind direkt nach Therapieende bei 72–85 % der Patienten RAVs nachweisbar [Lenz, O et al. 2015], [Manns, M et al. 2014], [Krishnan P, Tripathi R, Schnell G et al. 2014], [Sarrazin C, Dvory-Sobol H, Svarovskaia ES et al. 2014]. Während die Frequenz von RAVs gegenüber den NS3-Protease-Inhibitoren typischerweise nach einigen Monaten unterhalb der Nachweisgrenze von populationsbasierten Sequenzierungsassays abfällt, persistieren RAVs gegenüber den NS5A-Inhibitoren langfristig über Jahre [Lenz, O et al. 2015], [Sullivan, JC et al. 2013] (, [Reddy KR, Pol S, Thuluvath PJ et al. 2014], [Howe AY, Long JM, Thompson S et al. 2013]. RAVs gegenüber Sofosbuvir wurden bisher nur bei einzelnen Patienten beobachtet und waren innerhalb weniger Wochen nicht mehr nachweisbar [94]. Insgesamt scheint die Bedeutung von RAVs für die Re-Therapie bei Patienten mit DAA-Therapieversagen eine größere Rolle zu spielen als bei der Ersttherapie [Lawitz, E. et al. 2015].

Allerdings konnte für die Multitarget-Triple-Re-Therapie aus Voxilaprevir, Velpatasvir und Sofosbuvir nachgewiesen werden, dass die sehr hohen SVR-Raten von 96–98 % unabhängig von der Präsenz von RAVs beobachtet wurden [Sarrazin, C et al. 2018]. Daher wird keine generelle Resistenzanalyse bei Patienten mit einem Therapieversagen auf eine Kombinationstherapie mit DAAs der 1. Generation empfohlen (Ib). Die Resistenzanalyse kann aber in speziellen Labors aus virologischen bzw. epidemiologischen Gründen und hinsichtlich eines ev. erneuten Therapieversagens erfolgen (V). 

Bei der Konstellation eines Therapieversagens auf die Gabe von Glecaprevir und Pibrentasvir oder dem seltenen Fall eines erneuten Therapieversagens auf eine Re-Therapie mit Voxilaprevir, Velpatasvir und Sofosbuvir liegt keine zugelassene Re-Therapie-Option vor und die Erfahrungen aus der praktischen Anwendung sind bisher sehr beschränkt. Daher sollte in diesen Fällen eine Resistenzanalyse für die Auswahl einer effektiven Re-Therapie erfolgen (V).

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