Erläuterungen

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Hintergrund

Glecaprevir und Pibrentasvir

Glecaprevir und Pibrentasvir sind NS3-Protease- bzw. NS5A-Inhibitoren der zweiten Generation mit hoher antiviraler Aktivität und hoher Resistenzbarriere [Ng, TI et al. 2017], [Ng, TI et al. 2018], [Lawitz, EJ et al. 2015], [Zuckerman, E et al. 2020].

Patienten ohne Leberzirrhose

Für Patienten ohne Zirrhose wurden mit der Gabe von Glecaprevir und Pibrentasvir nach einer integrierten Analyse der Studiendaten unabhängig vom HCV-Genotyp, unabhägig von einer HIV-Koinfektion und unabhängig von einer nicht DAA-basierten Vortherapie sowie zahlreicher weiterer Prädiktoren sehr hohe SVR-Raten sowohl bei einer Therapiedauer von 8 Wochen (98 %) als auch von 12 Wochen (99 %) erreicht (Ib) [Rockstroh, JK et al. 2018], [Puoti, M et al. 2018], [Asselah, T et al. 2018], [Gane, E et al. 2017], [Zeuzem, S et al. 2018], [Berg, T et al. 2019]. Lediglich beim HCV-Genotyp-3 wurden aufgrund von Erfahrungen aus Voruntersuchungen ausschließlich therapienaive Patienten in die Studien für die 8- versus 12-Wochentherapie eingeschlossen (SVR-Raten 95 % für 8 und 12 Wochen) (Ib) [Zeuzem, S et al. 2018]. Daher wird für alle Patienten ohne Zirrhose unabhängig von einer Vortherapie eine Behandlung mit Glecaprevir und Pibrentasvir über 8 Wochen empfohlen (Ib). Für Patienten mit einer HCV-Genoyp-3-Infektion gilt dies nur für therapienaive Patienten, während therapieerfahrene Patienten mit einer HCV-Genotyp 3 Infektion über 16 Wochen behandelt werden sollen (Ib).

Patienten mit Leberzirrhose

Bei einer kompensierten Zirrhose fanden sich ähnlich wie bei nicht-zirrhotischen Patienten unter der Therapie mit Glecaprevir und Pibrentasvir über 12Wochen unabhängig vom HCV-Genotyp, von der Vortherapie, von einer HIV-Koinfektion und einer nicht DAA-basierten Vortherapie sowie zahlreicher weiterer Prädiktoren hohe SVR-Raten (99 %) (Ib) [Forns, X et al. 2017]. Ebenfalls wie bei den nichtzirrhotischen Patienten galt dies beim HCV-Genotyp 3 nur für therapienaive Patienten mit einer SVR-Rate von 98 % (Ib) [Wyles, D et al. 2018]. Aufgrund dieser sehr hohen SVR-Raten wurde in einer einarmigen Folgestudie bei therapienaiven Patienten mit kompensierter Zirrhose im Vergleich zu den vorhandenen SVR-Raten über 12 Wochen eine Therapieverkürzung auf 8 Wochen untersucht. Hierbei wurde insgesamt über alle HCV-Genotypen eine sehr hohe SVR-Rate von 97,7 % erreicht, was auch die Subgruppe der HCV-Genotyp-3-infizierten Patienten mit einer SVR-Rate von 95,2 % einschloss [Brown, RS et al. 2020]

Daher wird für alle therapienaiven Patienten mit kompensierter Zirrhose eine Behandlung mit Glecaprevir und Pibrentasvir über 8 Wochen empfohlen (Ib). Für vortherapierte Patienten mit einer HCV-Genotyp 1,2,4–6-Infektion beträgt die Therapiedauer dagegen 12 und für vortherapierte Patienten mit HCV-Genotyp 3-Infektion 16 Wochen (Ib).

HCV-Genotyp 3

Aufgrund virologischer Eigenschaften fanden sich bei Patienten mit einer HCV-Genotyp 3 Infektion und zusätzlichen negativen Prädiktoren niedrigere SVR-Raten unter der Gabe von Glecaprevir und Pibrentasvir im Vergleich zu den anderen HCVGenotypen. Bei therapienaiven Patienten mit einer HCV-Genotyp 3 Infektion ohne und mit Zirrhose lagen die SVR-Raten bei einer Therapie über 8 bzw. 12 Wochen bei 95 % und 97 % in einer integrierten Analyse der Phase 2/3 Studien (Ib) [Zeuzem, S et al. 2018], [Wyles, D et al. 2018], [Flamm, S et al. 2019]. In einer Folgestudie zu einer 8-Wochen Therapie bei Patienten mit kompensierter Zirrhose konnte auch beim HCV-Genotyp-3 eine sehr hohe SVR-Rate mit 95,2 % (60/63) erreicht werden. Zwei Patienten stellten sich nach Therapieende nicht erneut vor und bei einem Patienten kam es zu einem virologischen Rückfall [Brown, RS et al. 2020]

Bei Patienten mit und ohne Zirrhose aber mit einer interferonbasierten Vortherapie wurde die 8-Wochen-Therapiedauer nicht untersucht. Allerdings wurden vorbehandelte Patienten ohne Zirrhose über 12 im Vergleich zu 16 Wochen therapiert. Hier fanden sich SVR-Raten von 90 % bei 12 und 95 % bei 16 Wochen Therapiedauer (Ib) [Flamm, S et al. 2019]. Ebenfalls wurden vorbehandelte Patienten mit kompensierter Zirrhose über 16 Wochen mit einer SVR-Rate von 94 % therapiert [Flamm, S et al. 2019]

Daher wird beim HCV-Genotyp-3 eine 8-Wochentherapie nur bei therapienaiven Patienten unabhängig vom Vorliegen einer Zirrhose empfohlen (Ib). Bei allen Patienten mit einer interferonbasierten Vortherapie soll die Behandlung 16 Wochen betragen (Ib). Neben der Vortherapie scheinen beim HCV-Genotyp-3 auch virale Resistenzen eine Bedeutung für das virologische Therapieansprechen auf die Kombinationstherapie aus Glecaprevir und Pibrentasvir zu haben. Bei therapienaiven Patienten mit einer Therapiedauer von 8 Wochen lagen die SVR-Raten mit und ohne NS3 bzw. NS5A RAVs bei 86 % versus 98 % bzw. 91 % versus 98 % (Ib) [Zeuzem, S et al. 2018]. Daher kann imEinzelfall die Durchführung einer Resistenzanalyse vor Beginn einer 8-Wochen Therapie erwogen werden. Bei einer Therapiedauer von 12 bzw. 16 Wochen waren die Unterschiede der SVR-Raten bei Patienten mit und ohne RAVs nicht einheitlich nachweisbar (Ib) [Krishnan, P et al. 2018]. Insgesamt sind größere Patientenzahlen notwendig, bevor die Bedeutung von RAVs für das Therapieansprechen beim HCV-Genotyp 3 abschließend beurteilt werden kann.

Velpatasvir und Sofosbuvir

Velpatasvir ist ein NS5A-Inhibitor der zweiten Generation mit hoher antiviraler Aktivität und hoher Resistenzbarriere [Lawitz, E et al. 2015], [Lawitz, EJ et al. 2016]. Sofosbuvir ist der einzige verfügbare nukleotidische NS5B-Polymerase-Inhibitor mit hoher antiviraler Aktivität und sehr hoher Resistenzbarriere [Lawitz, EJ et al. 2013].

HCV-Genotypen 1, 2, 4–6

In einer großen Phase 3 Studie bei Patienten mit einer HCVGenotyp 1, 2, 4–6 Infektion wurden mit der Gabe von Velpatasvir in Kombination mit Sofosbuvir bei einer Therapiedauer von 12 Wochen unabhängig von einer Vortherapie und dem Vorliegen einer kompensierten Zirrhose sowie zahlreicher weiterer Prädiktoren hohe SVR-Raten erreicht (99 %) (Ib) [Feld, JJ et al. 2015]. In einer weiteren Phase 3 Studie wurden zusätzliche Patienten mit einer HCV-Genotyp 2 Infektion untersucht. Auch hier fanden sich SVR-Raten nach einer 12-wöchigen Therapie mit Velpatasvir und Sofosbuvir von 99 % (Ib) [Foster, GR et al. 2015]. Eine Therapieverkürzung auf 8 Wochen bei der Ersttherapie wurde in den Phase-3-Studien nicht evaluiert. In einer Phase-2-Studie wurden hier ohne und mit der zusätzlichen Gabe von Ribavirin bei Patienten mit einer HCV-Genotyp 1 oder 2 Infektion deutlich niedrigere SVR-Raten beobachtet (77–90 %), sodass eine Therapieverkürzung auf 8 Wochen bei der Behandlung mit Velpatasvir und Sofosbuvir nicht durchgeführt werden sollte (Ib) [Everson, GT et al. 2015]. Daher sollte die Kombinationstherapie aus Velpatasvir und Sofosbuvir bei Patienten mit einer HCV-Genotyp 1, 2, 4–6 Infektion über 12 Wochen unabhängig von einer Vortherapie und dem Vorliegen einer kompensierten Zirrhose gegeben werden (Ib).

HCV-Genotyp 3

Für die Behandlung von Patienten mit einer HCV-Genotyp 3 Infektion mit der Kombinationstherapie aus Velpatasvir und Sofosbuvir wurde eine große Phase-3-Studie mit einer Gesamt-SVR-Rate von 95 % durchgeführt (Ib) [Foster, GR et al. 2015]. Insgesamt fanden sich bei bestimmten negativen Prädiktoren wie Patienten mit und ohne kompensierte Zirrhose (91 % versus 97 %) sowie Patienten mit und ohne Vortherapie (90 % versus 97 %) jeweils leicht niedrigere SVR-Raten (Ib) [Foster, GR et al. 2015]. Diese Ergebnisse werden durch die Resultate der Veteran Affairs Kohorte bestätigt [Belperio, PS et al. 2019]. Zusätzlich scheinen NS5A-Resistenzen gegenüber Velpatasvir eine Rolle bei Patienten mit Zirrhose zu spielen [Gottwein, JM et al. 2018]. In einer jüngeren Phase 2 Studie aus Spanien mit 101 Patienten mit kompensierter Zirrhose, die mit Velpatasvir und Sofosbuvir über 12 Wochen behandelt wurden, lagen die SVR-Raten bei Patienten mit und ohne eine Y93H RAV (> 15 % cut-off) im NS5A Gen bei 84 % versus 96 % (Ib) [Esteban, R et al. 2018]. Ähnlich fielen auch die Daten einer integrierten Analyse aller HCV-Genotyp 3-infizierten Patienten mit kompensierter Zirrhose aus dem Zulassungsstudienprogramm zu Velpatasvir und Sofosbuvir und 12-wöchiger Therapie aus. Hier betrugen die SVR-Raten mit und ohne NS5A RAV (> 15 % cut-off) 80 % und 97 %. Bei einem Vorliegen der Y93H NS5A Variante lag die SVR-Rate bei 60 % (Ib) [Roberts SK, Buti M, Foster GR et al. 2018]. Aktuell liegen wenige Daten zu einer Intensivierung der antiviralen Therapie mit Velpatasvir und Sofosbuvir bei Patienten mit Genotyp 3 Infektion und Zirrhose vor. In der spanischen Studie wurde bei konstanter Therapiedauer von 12 Wochen in kontrollierter und randomisierter Weise zusätzlich Ribavirin gegeben [Esteban, R et al. 2018]. Insgesamt lagen dabei die SVR-Raten mit und ohne Ribavirin bei 96 % versus 91 %. Dabei konnte mit der zusätzlichen Gabe von Ribavirin auch bei Patienten mit NS5A RAVs eine SVR von 95 % erreicht werden. Allerdings verfügte die Studie über nicht ausreichend Patienten, um einen statistisch signifikanten Unterschied nachzuweisen (Ib) [Esteban, R et al. 2018]. In einer weiteren nicht-kontrollierten Studie fanden sich bei Patienten mit Zirrhose und NS5A RAV unter der Gabe von Velpatasvir, Sofosbuvir und Ribavirin keine Fälle von Therapieversagen (IIIb) [von Felden, J et al. 2018]. Daher wird für alle HCV-Genotyp-3-infizierten Patienten ohne Zirrhose die Gabe von Velpatasvir und Sofosbuvir über 12 Wochen empfohlen (Ib). Bei Patienten mit kompensierter Zirrhose kann zusätzlich Ribavirin gegeben werden (IV). Alternativ kann auch eine NS5A-Resistenzanalyse durchgeführt werden, um nur bei Patienten mit NS5A RAV zusätzlich Ribavirin zu geben (IV).

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