Erläuterungen
Hintergrund
Bei 10 – 40 % der lebertransplantierten Patienten führt die HCV-Re-Infektion innerhalb von 5 – 10 Jahren zu einer Transplantatzirrhose [Forman, LM et al. 2002], [Berenguer, M et al. 2003], [Berenguer, M et al. 2000]. Eine Dekompensation mit konsekutivem Leberversagen auf dem Boden einer HCV-Re-Infektionshepatitis kann sich nach Transplantation im Einzelfall rasch entwickeln [Berenguer, M et al. 2003], [Neff, GW et al. 2004], [Roayaie, S et al. 2003]. In einer monozentrischen Untersuchung fand sich ein kumulatives Risiko für eine Transplantatdekompensation von 43 % innerhalb von 12 Monaten [Roayaie, S et al. 2003] und eine Mortalitätsrate von 60 bzw. 90% nach 1 bzw. 3 Jahren. Die Indikation zur Re-Transplantation bei Patienten mit HCV-induzierter Transplantatzirrhose ist insbesondere in Anbetracht der knappen Organressourcen und der widersprüchlichen Datenlage bezüglich der Langzeitprognose dieser Patienten umstritten.
Mehrere retrospektive monozentrische Untersuchungen [Rosen, HR et al. 2003], [Yoo, HY et al. 2003] sowie unterschiedliche Analysen der amerikanischen UNOSTransplantationsdatenbank [Rosen, HR et al. 1998], [Pelletier, SJ et al. 2005], [Ghabril, M et al. 2008], [Bahra, M et al. 2007], [McCashland, T et al. 2007], [Ghabril, M et al. 2007] zeigen ein deutlich schlechteres Transplantat- und Patientenüberleben nach Re-Transplantation HCV-positiver im Vergleich zu HCV-negativen Patienten. In der größten amerikanischen Datenbankanalyse von initial 1718 re-transplantierten Patienten war das 5-Jahres-Überleben HCV-positiver Patienten mit 45 % gegenüber HCV-negativen Patienten mit 56 % signifikant niedriger (p < 0,001) [Ghabril, M et al. 2008]. Im Widerspruch dazu wurde in aktuelleren retrospektiven monozentrischen Untersuchungen und einer multizentrischen amerikanischen Untersuchung eine vergleichbare Transplantat- und Patientenüberlebensrate für HCV-positive und HCV-negative Patienten gefunden [Bahra, M et al. 2007]. Das 3-Jahres-Transplantat-Überleben lag zwischen 56 und 70 % bzw. das 3-Jahres-Patientenüberleben zwischen 49 und 63 % [Bahra, M et al. 2007], [Jain, A et al. 2005], [Charlton, M et al. 2003], [Ghobrial, RM et al. 2002]. Die kontroversen Daten beruhen vermutlich auf einer unterschiedlichen Selektion HCV-infizierter Patienten zur Re-Transplantation. Verschiedene negative prognostische Faktoren für den Verlauf nach Re-Transplantation bei HCV-induziertem Transplantatversagen wurden beschrieben: die Entwicklung einer HCV-Re-Infektionshepatitis innerhalb von 6 Monaten nach Re-Transplantation, Entwicklung einer fibrosierenden cholestatischen Hepatitis, hohes Alter des Empfängers, hohes Spenderalter sowie ein MELD-Score über 25 – 30 zum Zeitpunkt der Re-Transplantation [Berenguer, M et al. 2003], [Rosen, HR et al. 2003], [Yoo, HY et al. 2003], [Rosen, HR et al. 1998], [Ghabril, M et al. 2008], [Bahra, M et al. 2007], [McCashland, T et al. 2007], [Charlton, M et al. 2003], [McCashland, TM et al. 2003], [Rosen, HR et al. 2000], [Watt, KD et al. 2003], [Carmiel-Haggai, M et al. 2005], [Rosen, HR et al. 2007], [Thomas, RM et al. 2003]. Im aktuellen auf dem MELD basierenden Allokationssystem im Eurotransplantbereich erhalten Patienten derzeit allerdings nur selten unter einem MELD von 30 ein Organangebot. In dem ebenfalls auf MELD basierenden amerikanischen Allokationssystem verstarben fast 80 % der zur Re-Transplantation gelisteten HCV-Patienten während der Wartezeit [Picciotto, FP et al. 2007].
Aufgrund der seit kurzem zur Verfügung stehenden Therapieoptionen mit Interferon-freien Regimen, die bei Patienten mit HCV-Re-Infektion unabhängig der Schwere des Rezidivs (inklusive des fibrosierenden cholestatischen Verlaufs) ausgezeichnete Ansprechraten von > 80 % zeigten [Charlton, M et al. 2015], [Manns, M et al. 2016], [Charlton, M et al. 2015], ist eine deutliche Reduktion der Anzahl notwendiger Retransplantationen infolge eines Transplantatversagens auf dem Boden eines HCV-Rezidivs zu erwarten.