Erläuterungen

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Hintergrund

Die Re-Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus im Transplantat tritt regelhaft auf, wenn zum Zeitpunkt der Lebertransplantation (LTX) eine replikative chronische HCV-Infektion vorgelegen hat [Curry, MP et al. 2015]. Dies führte in der Zeit vor der Einführung der DAA zu einem verschlechterten 5-Jahres-Überleben im Vergleich zu anderen Indikationen für die Lebertransplantation. Bis zu einem Drittel der Patienten entwickeln innerhalb von 5 Jahren eine erneute Leberzirrhose unter Immunsuppression. Die Differenzierung zwischen immunologischen Komplikationen und einer Re-Infektions-Hepatitis früh nach Transplantation ist häufig nicht möglich. Die DAA-Therapie nach Transplantation führt in 90 % der Patienten zu einem SVR12.

Beim transplantierten HCV-Patienten stellt sich die Frage nach dem optimalen Zeitpunkt für eine antivirale Therapie. Hierbei ist die präemptive Therapie unmittelbar nach der Transplantation und die Therapie der rekurrenten Hepatitis C bei Transaminasenerhöhung mit histologischen Anzeichen der HCV-Re-Infektion zu unterscheiden [Afdhal NEG, Calleja JL, McCaughan G et al. 2014].

Bei unkompliziertem Verlauf nach Lebertransplantation kann die Therapie nach Reduktion der Steroide ab dem 3. Monat nach Lebertransplantation erfolgen. 

Bei Patienten mit einer frühen postoperativen Leberfunktionsstörung und wahrscheinlich Re-Infektions-assoziierter Entzündungsaktivität in der Leber und Risikofaktoren für eine raschere Fibroseprogression kann es im Einzelfall sinnvoll sein, trotz der noch fehlenden Evidenz eine präemptive Therapie in Erwägung zu ziehen (III) [Bourlière, M et al. 2015] , [Hézode, Christophe et al. 2015/01/01]. Werden DAA eingesetzt, welche mit der Immunsuppression interagieren, sollten vor Einleitung einer antiviralen Therapie stabile Spiegel der Immunsuppression vorliegen.

Bei Patienten, die unter einer post LTX durchgeführten antiviralen Therapie eine SVR erreichten, konnte ein günstiger Einfluss auf das Patientenüberleben nachgewiesen werden [Rockstroh, JK et al. 2017].

Studien

Als erstes Interferon-freies, antivirales DAA-Therapieregime bei rekurrenter Hepatitis C wurde Sofosbuvir/RBV (n = 40) über einen Zeitraum von 24 Wochen untersucht. Die Patienten hatten nach mindestens 6 Monaten post LTX eine rekurrente Hepatitis C aufgewiesen (Genotyp 1 – 4, davon 83 % mit Genotyp 1) [Ferenci, P et al. 2014]. Alle Patienten hatten Child-Pugh-Punkte ≤ 7 und einen MELD-Score ≤ 17. Patienten mit dekompensierter Lebererkrankung wurden ausgeschlossen. 88 % der Patienten waren Interferon-vorbehandelt. Einen SVR12 erreichten 28 von 40 Patienten (70 %). Es wurden keine Todesfälle, Organverluste oder Re-Infektionen beobachtet. 20 % der Patienten wiesen eine transfusionsbedürftige Anämie auf. Relevante Medikamenteninteraktionen mit der Immunsuppression (Tacrolimus, Ciclosporin) wurden nicht beobachtet.

In der SOLAR-2-Studie wurden auch post LTX behandelte Patienten (n = 328) mit F0-F3-Fibrose oder Child-Pugh-A-Zirrhose (n = 168) oder dekompensierter Zirrhose (n = 16, davon n = 53 post LTX) eingeschlossen. Die Patienten wurden entweder 12 oder 24Wochen lang mit Ledipasvir/Sofosbuvir (LDV/SOF) behandelt – bei vergleichbaren Resultaten von 95 – 98 % im reinen Post-LTX-Arm sowie 85 – 88 % im gemischten Prä- und Post-LTX-Arm [Gane, Edward et al. 2015/04/01].

In der SOLAR-1-Studie erreichten post LTX behandelte Patienten ohne Zirrhose bzw. mit kompensierter Zirrhose unter SDV/ SOF unabhängig von der 12- oder 24-wöchigen Therapiedauer SVR-Raten von 96 und 98 % [Charlton, M et al. 2015]. Bei dekompensierter Zirrhose (Child-Pugh B) waren die SVR-Raten unter der post LTX durchgeführten antiviralen Therapie von der Therapiedauer ähnlich unabhängig (86 bzw. 88 %). Die niedrigsten SVR-Raten wiesen Patienten mit Child-Pugh-C-Zirrhose auf (60 bzw. 75 %).

In einer Phase-II-Studie wurde die Kombination von Paritaprevir/r/Dasabuvir/Ombitasvir ± RBV über eine Dauer von 24 Wochen bei Post-LTX-Patienten mit rekurrenter HCV-Genotyp-1-Infektion untersucht [Kwo, PY et al. 2014]. Die Patienten waren therapie-naiv (Peg-Interferon/ RBV vor LTX war erlaubt) und wiesen eine Fibrose im METAVIR-Stadium ≤ F2 auf. 97 % von 34 Patienten erreichten einen SVR12. Ein Patient brach die Therapie wegen unerwünschter Nebenwirkungen ab, bei 5 Patienten traten substitutionspflichtige Anämien auf. Sowohl für die Immunsuppression mit Tacrolimus als auch Ciclosporin waren Dosisanpassungen erforderlich.

In der Phase-III-Studie ALLY-1 wurden therapie-naive und vorbehandelte Patienten (alle Genotypen) mit Daclatasvir/Sofosbuvir/ (DCV/SOF) über eine Dauer von 12 Wochen behandelt, die eine fortgeschrittene Zirrhose aufwiesen (n = 60) oder bereits transplantiert waren (n = 53) [Poordad, F et al. 2016]. Patienten der Zirrhose-Kohorte, die noch innerhalb der 12-wöchigen Behandlungsphase transplantiert wurden, konnten die antivirale Therapie unmittelbar nach der LTX über weitere 12 Wochen durchführen, unabhängig davon, wie lange sie vor der LTX behandelt wurden. Insgesamt erreichten 94 % der Patienten mit HCV-Re-Infektion nach LTX und 83 % aller Patienten mit fortgeschrittener Zirrhose einen SVR12. 97 % der Patienten mit Genotyp 1a und 90 % der Patientenmit Genotyp 1b sowie 91 % der Genotyp-3-infizierten und 100 % der (n = 1) Genotyp-6-infizierten Patienten erreichten post LTX einen SVR12. Eine Dosisanpassung der Immunsuppression war nicht erforderlich.

In einer Auswertung der prospektiven, multizentrischen französisch-belgischen ANRS CO23 CUPILT-Kohorte von 130 Patienten mit HCV-Rekurrenz führte die Behandlung mit DCV/SOF ± RBV post LTX unabhängig vom vorbestehenden Therapiestatus (naiv oder Therapieversagen) in 96 bzw. 97 % zu einem SVR12 [Coilly, Audrey et al. 2015/04/01]. Die Patienten profitierten mehrheitlich von einer klinischen und laborchemischen Verbesserung. Bei mehr als 50 % der Patienten waren Dosisanpassungen der Immunsuppression erforderlich. Bei einem insgesamt akzeptablen Verträglichkeitsprofil wurden signifikante Abfälle der Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance) gegenüber der Baseline beobachtet (vgl. Kapitel 4.6).

In einer multizentrischen Phase-II-Studie bei 123 Post-LTX-Patienten (mediane Zeit zwischen LTX und antiviraler Therapie: 32 Monate) erreichten 90 % der Patienten unter Simeprevir/Sofosbuvir (SMV/SOF) einen SVR12. Insgesamt wurde die Therapie gut vertragen, eine substitutionspflichtige Anämie entwickelten 72 % [Pungpapong, S et al. 2015].

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Literatur Referenzen