Erläuterungen

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Hintergrund

Ausbrüche von akuter Hepatitis C unter MSM in mehreren Ballungszentren deuten auf eine effektive sexuelle Transmission von HCV unter bestimmten Bedingungen wie hohe Promiskuität, gleichzeitige HIV-Infektion, gleichzeitiges Vorliegen von Geschlechtskrankheiten oder traumatischen Sexual-Praktiken hin (IIb) [Lambers, FA et al. 2011], [Ghosn, J et al. 2004], [Luetkemeyer, A et al. 2006], [Danta, M et al. 2007], [van de Laar, TJ et al. 2010]. Bei akuter Hepatitis-C-Monoinfektion entwickeln 30 – 50 % der Patienten eine Spontanheilung, und eine Therapie in diesem Stadium erreicht deutlich höhere Ansprechraten als bei chronischer Hepatitis C (IIb) [Micallef, JM et al. 2006]. Im Vergleich dazu geht bei HIV-positiven Patienten die akute HCV-Infektion häufiger in eine chronische Hepatitis C über (IIb) [Thomas, DL et al. 2000], [Dominguez, S et al. 2006], die dann infolge der Immunsuppression durch HIV beschleunigt zur Fibrose fortschreitet (III) [Macías, J et al. 2009], [Konerman, MA et al. 2014].

Sowohl eine Interferon-Mono- als auch die Interferon-Ribavirin-Kombinationstherapie sind bei akuter Hepatitis C versucht worden und haben sich als sicher erwiesen, erreichen aber nur relativ niedrige Ansprechraten. Deshalb – und wegen der schlechten Verträglichkeit von Interferon – wird eine Interferon-basierte Therapie heute nicht mehr empfohlen. Leider liegen zur Interferon-freien Therapie der akuten Hepatitis C bisher nur Erfahrungen bei wenigen HIV-Patienten vor und zeigen widersprüchliche Ergebnisse (II) [Martinello, M et al. 2016], [Naggie, S et al. 2017], [Basu, Patrick et al. 2015/10/01], [Fierer DS, Barbati Z, Dieterich D et al. 2015]: Die SLAM-C-Studie und eine Single-Center-Studie aus New York berichten bei kleiner Fallzahl von HCV-Eliminierungsraten um 90 % bei 4 – 12-wöchiger Gabe von Sofosbuvir mit Ribavirin, Sofosbuvir und Simeprevir bzw. Sofosbuvir und Ledispavir [Naggie, S et al. 2017] , [Basu, Patrick et al. 2015/10/01]. Im Unterschied dazu berichteten die DARE-C-II-Studie und die ACTG5327-Studie für eine 6- bzw. 12-wöchige Therapie mit Sofosbuvir und Ribavirin über hohe Relapsraten, sodass auch bei HCV-Monoinfektion dauerhafte Ansprechraten von 60 % und in der DARE-C-II-Studie bei HIV/HCV-Ko-Infektion sogar nur 21 % Viruselimination erreicht wurden (III) [Martinello, M et al. 2016] , [Fierer DS, Barbati Z, Dieterich D et al. 2015]. Wahrscheinlich sind die erhöhten Viruslasten während der akuten HCV-Infektion für das schlechte Abschneiden der direkt antiviralen Therapie verantwortlich.

Deshalb sollte bei HIV-positiven Patienten und auch bei HIV-negativen Patienten bei akuter HCV-Infektion zunächst zugewartet werden, umeine Spontanheilung zu ermöglichen (IIIb). Bei Ausbleiben einer Spontanheilung kann analog zur chronischen Hepatitis C therapiert werden (IIIb). Auch bei akuter Hepatitis C und vorbestehender HBV-Infektion besteht eine dringliche Therapieindikation, da ein schwerer Verlauf bzw. eine Exazerbation der Hepatitis befürchtet werden müssen [Wu, JC et al. 1994] , [Chu, CM et al. 1999], [Sagnelli, E et al. 2002], [Liaw, YF et al. 2004]. In Anbetracht bislang noch fehlender publizierter Daten wird ein Vorgehen analog zur akuten Hepatitis C bei vorbestehender HIV-Infektion empfohlen. Bezüglich HBV-Exazerbation unter DAAs und Medikamenteninteraktionen wird auf das Vorgehen bei chronischer Hepatitis B verwiesen.

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