Erläuterungen
Hintergrund
Eine simultane HBV-HCV-Ko-Infektion ist selten, wird aber gelegentlich bei Drogengebrauchern beobachtet [Rodríguez, M et al. 1992], [Liaw, YF et al. 1982], [Féray, C et al. 1993]. Die Patienten zeigen ein verzögertes Auftreten von HBsAg und eine kürzere HBs-Antigenämie als Patienten mit alleiniger HBVInfektion [Mimms, LT et al. 1993]. Die Chronifizierungsraten unterscheiden sich jedoch nicht [Alberti, A et al. 1995]. Bei HBV-HCV-Ko-Infektion ist wiederholt eine spontane Elimination eines oder auch beider Viren berichtet worden [Alberti, A et al. 1995], [Yan, BM et al. 2005], [Coppola, N et al. 2003], [Chu, CM et al. 1994]. Eine akute Hepatitis-C-Superinfektion bei chronischer Hepatitis B ist charakteristisch für Länder der Dritten Welt, in denen eine hohe HBV-Durchseuchung besteht [Liaw, YF et al. 2002], während eine HBV-Superinfektion bei vorbestehender Hepatitis C gelegentlich als Komplikation bei drogenabhängigen Patienten beobachtet wird. Sowohl die akute HCV-Superinfektion bei chronischer Hepatitis B als auch umgekehrt die akute HBV-Superinfektion bei chronischer Hepatitis C sind häufig durch schwere Verläufe bis hin zum fulminanten Leberversagen charakterisiert (IIb) [Wu, JC et al. 1994], [Chu, CM et al. 1999], [Sagnelli, E et al. 2002], [Liaw, YF et al. 2004]. Patienten mit einer HCV-Superinfektion haben im weiteren Verlauf eine raschere Progression zu Leberzirrhose und Leberkrebs als Patienten mit alleiniger Hepatitis B oder HDV-Superinfektion [Sagnelli, E et al. 2002].
Das Vorhandensein von HBV-DNA ohne nachweisbare serologische Marker einer HBV-Infektion außerhalb der Frühphase einer akuten Hepatitis B wird als okkulte Hepatitis B bezeichnet. Eine okkulte Hepatitis B wird in bis zu 50 % der Patienten mit chronischer Hepatitis C berichtet [Georgiadou, SP et al. 2004], [Kannangai, R et al. 2007]. Ihre klinische Bedeutung wird aber kontrovers diskutiert. Cacciola et al. berichteten eine signifikant auf 33 % gegenüber 19,8 % erhöhte Rate an Leberzirrhose, wenn bei chronischer Hepatitis C gleichzeitig noch eine okkulte Hepatitis B bestand [Cacciola, I et al. 1999]. Demgegenüber wurden in einer neueren Studie mit hoher Prävalenz der okkulten Hepatitis B keine Auswirkungen auf den Verlauf der gleichzeitigen chronischen Hepatitis C beobachtet [Cardoso, C et al. 2013].
Bei Patientenmit HBV/HCV-Ko-Infektion ist imVergleich zu Patienten mit HCV-Monoinfektion das Risiko einer Progression zur Zirrhose 2- bis 4-fach erhöht (IIIb) [Fong, TL et al. 1991], [Zarski, JP et al. 1998], [Sagnelli, E et al. 2004]. Zusätzlich besteht bei Leberzirrhose durch HBV/HCV-Ko-Infektion eine höhere Rate an Komplikationen (IIIb) [Ilan, Y et al. 1994], [Mohamed, Ael S et al. 1997], [Chen, YC et al. 2002]. Jedoch sehen nicht alle Studien diesen Zusammenhang [Colombari, R et al. 1993], [Villari, D et al. 1995].
In drei großen Metaanalysen zeigt sich ein signifikanter epidemiologischer Zusammenhang zwischen einer HBV-HCV-Ko-Infektion und dem Risiko ein Leberzellkarzinom zu entwickeln (IIb) [Donato, F et al. 1998], [Shi, J et al. 2005], [Cho, LY et al. 2011]. Dieses erhöhte HCC-Risiko wurde in prospektiven Studien bei HBV-HCV-Ko-Infektion bestätigt [Benvegnù, L et al. 1994] und betrug in einer longitudinalen Verlaufsstudie 6,4 pro 100 Personenjahre gegenüber 2,0 bzw. 3,7 bei alleiniger HBV- bzw. HCV-Infektion [Chiaramonte, M et al. 1999].