Erläuterungen

Text

Hintergrund

Zu 4.5 Die Sensitivität von Anti-HCV-Suchtests der „dritten Generation“ wird auf etwa 98 % geschätzt und die Spezifität liegt in Risikogruppen bei nahezu 100 % [Colin, C et al. 2001]. Wegen der sehr geringen HCV-Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung weisen negative (nicht-reaktive) Resultate im Anti-HCV-Immunoassay zwar negativ-prädiktive Werte von mehr als 95 % auf, positive (reaktive) Ergebnisse entsprechen jedoch lediglich positiv-prädiktiven Werten von weniger als 20 % [Alter, MJ et al. 2003]. Daher erfordert die Diagnose einer HCV-Infektion zusätzlich den HCV-RNA-Nachweis mithilfe einer Nukleinsäure-Amplifikationstechnik aus Serum oder Plasma. Die zugelassenen kommerziellen Testsysteme ermöglichen den Nachweis von HCV-RNA mit einer hohen Sensitivität und Spezifität. In etwa 20 – 40 % der Fälle mit einer akuten Hepatitis C kommt es zu einer spontanen Ausheilung der Infektion (I) [Hajarizadeh, B et al. 2015], [Grebely, J et al. 2014]. Eine spontane Ausheilung einer akuten Hepatitis C wird signifikant häufiger bei Frauen, bei Personen mit einem „günstigen“ IL28BGenotyp und bei Infektionen mit dem Genotyp 1 beobachtet (I) [Grebely, J et al. 2014]. In diesen Fällen nach spontaner Ausheilung ist Anti-HCV typischerweise positiv bei fehlendem Nachweis von HCV-RNA im Serum. Erbringt die Untersuchung mittels Nukleinsäure-Amplifikationstechnik das Ergebnis „nicht nachweisbar“, kann man zunächst von einer ausgeheilten Infektion ausgehen. Ein zusätzlich durchgeführter Anti-HCV-Immunoblot ermöglicht in diesem Zusammenhang die Erkennung unspezifischer Reaktivitäten im Immunoassay. Wegen einer möglicherweise nur „intermittierenden“ Virämie insbesondere während der frühen Phase der Infektion ist in Fällen mit initial nicht nachweisbarer HCV-RNA eine Wiederholung der Untersuchung innerhalb der nächsten 3 – 6 Monaten anzuraten (▶ Abb. "Algorithmus der virologisch-serologischen Diagnostik bei klinischem Verdacht auf eine HCV-Infektion") (III) [Hajarizadeh, B et al. 2015].

Zu 4.6 Bei immunkompromittierten Patienten können Antikörper gegen das HCV erheblich verzögert gebildet werden oder gänzlich fehlen, sodass eine zusätzliche Bestimmung der HCVRNA durchzuführen ist [Pawlotsky, JM et al. 2002].

Zu 4.7 Das „serodiagnostische Fenster“, in dem gegenwärtig eingesetzte Anti-HCV-Immunoassays nach akuter Infektion durchschnittlich negative Resultate liefern, beträgt 7 – 8 Wochen [Alter, MJ et al. 2003]. Daher ist der Nachweis der HCV-RNA, die typischerweise bereits ein bis zwei Wochen nach der Infektion detektierbar ist [Busch, MP et al. 2001], die Methode der Wahl zur Diagnostik einer akuten HCV-Infektion im „antikörper-negativen Intervall“. Allerdings kann bei einer Infektion durch eine Nadelstichverletzung in Einzelfällen die Zeit bis zum sicheren Nachweis der HCV-RNA im Blut bis zu 2 Monate betragen [Glynn, SA et al. 2005]. Immunoassays der vierten Generation, die – ähnlich wie in der HIV-Diagnostik – den Antigen- und Antikörper-Nachweis kombinieren, reduzieren zwar das „serodiagnostische Fenster“ um rund vier Wochen, sind aber Nukleinsäure-Amplifikationstechniken hinsichtlich der Sensitivität noch immer unterlegen [Ross, RS et al. 2010], [Tobler, LH et al. 2005]. Nach spontaner oder therapeutischer Viruselimination bleibt der Anti-HCV-Immunoassay in der Regel positiv. Erst nach einer sehr lange zurückliegenden HCV-Infektion kann es vereinzelt zu einemVerlust von Anti-HCV kommen [Takaki, A et al. 2000]. Diaplazentar übertragene Antikörper der Mutter können im kindlichen Blut bis zu 18 Monate nachweisbar sein. Daher können eine HCV-Re-Infektion und eine vertikal übertragene HCV-Infektion in den ersten 18 Lebensmonaten nur durch den Nachweis von HCV-RNA diagnostiziert werden.

Zu 4.8 Die Bestimmung der HCV-RNA-Konzentration ist für die Planung und Durchführung einer antiviralen Kombinationstherapie von Bedeutung (vgl. auch AG 4). Die Bestimmung der HCVRNA-Konzentration ist mit kommerziellen Tests weitgehend zuverlässig, wobei auch nach der Etablierung von WHO-HCVRNA-Standards die Ergebnisse zwischen den unterschiedlichen Methoden variieren können (II) [Chevaliez, S et al. 2012], [Wiesmann, F et al. 2015]. Ob die Unterschiede zwischen den Messergebnissen von unterschiedlichen Testsystemen insbesondere im Bereich therapie-relevanter Cut-offs bedeutsam sind, ist nicht abschließend geklärt (III) [Vermehren, J et al. 2016], [Fevery, B et al. 2015]. Für den Fall, dass die Vergleichbarkeit zwischen zwei unterschiedlichen Bestimmungen der HCV-RNA-Konzentration von klinisch-therapeutischer Bedeutung ist, sollte die Anwendung desselben molekularen Tests angestrebt werden [Chevaliez, S et al. 2012], [Wiesmann, F et al. 2015]. Eine anhaltende Therapieantwort („Sustained Viral Response“ – SVR) ist als fehlender Nachweis von HCV-RNA 12 Wochen (SVR12) nach Abschluss der antiviralen Therapie definiert. Ein Therapieversagen mit erneutem Nachweis von HCV-RNA zu einem späteren Zeitpunkt ist sehr selten, sodass der Therapie-Erfolg zu diesem Zeitpunkt bestimmt werden sollte (I) [Yoshida, EM et al. 2015], [Chen, J et al. 2013].

Zu 4.9 Die Bestimmung der Kinetik der Viruskonzentration im Blut unter Therapie hat für die Steuerung der Therapie mit direkt antiviralen Substanzen an Bedeutung verloren (II) [Maasoumy, B et al. 2016]. Die Bestimmung der Viruskonzentration kann der Überwachung der Medikamenteneinnahme dienen.

Zu 4.10 Die Bestimmung des HCV-Genotyps ist für die Planung und Durchführung einer antiviralen Kombinationstherapie von Bedeutung (vgl. AG 4). Kommerziell verfügbare Typisierungs-Methoden ermöglichen in mehr als 90 % der Fälle eine korrekte Zuordnung des HCV-Genotyps, wobei bei weniger häufigen Genotypen (z. B. Genotyp 6) eine direkte Sequenzierung überlegen ist (II) [Liu, CH et al. 2015], [Verbeeck, J et al. 2008], [Mokhtari, C et al. 2016], [Benedet, M et al. 2014], [Yang, R et al. 2014], [Mallory, MA et al. 2014]. Beim Genotyp 1 ist zusätzlich eine Unterscheidung zwischen den häufigsten Subtypen 1a und 1b für die Planung und Durchführung einer antiviralen Kombinationstherapie von Bedeutung. Rekombinante Virusisolate von HCV wurden beschrieben [Kalinina, O et al. 2002] und die Identifizierung von Rekombinanten kann für die Therapieplanung von Bedeutung sein (IV) [Hedskog, C et al. 2015]. Die korrekte Identifizierung von rekombinanten Virusisolaten erfordert eine Genotypisierung anhand von zwei unterschiedlichen Regionen des Virusgenoms, z. B. HCV-Core und NS5B [De Keukeleire, S et al. 2015].

Tags
Literature
Literatur Referenzen