Wie ist bei einem Nachweis einer SARS-CoV-2 Infektion bei Patienten auf der Warteliste zu verfahren?
Hintergrund
Es gibt bislang nur wenige Daten zu Lebertransplantationen von Patienten mit einer SARS-CoV-2-Infektion. Es wurden mehrere Fälle berichtet in denen die infizierten Patienten entweder Lebern von SARS-CoV-2-positiven Patienten erhielten, oder aber erst einige Tage nach der Lebertransplantation als infiziert auffielen [Lagana, SM et al. 2020] , [Romagnoli, R et al. 2021] , [Manzia, TM et al. 2021] , [Barros, N et al. 2021] , [Wall, AE et al. 2022] , [Martini, S et al. 2021] , [Soin, AS et al. 2021] , [Alconchel, F et al. 2020] . In einigen Fällen sind Komplikationen im Zusammenhang mit der SARS-CoV-2-Infektion nach Transplantation aufgetreten, keiner der Patienten ist verstorben. Dennoch ist die Datenlage zur Lebertransplantation bei nachgewiesener SARS-CoV-2 Infektion derzeit unzureichend, so dass eine sorgfältige individualisierte Risiko-Nutzen-Abwägung notwendig ist.
Die Stadieneinteilung der COVID-19-Erkrakung umfasst drei Stufen mit insgesamt 10 Stadien gemäß der WHO (siehe Tabelle: Stadieneinteilung von Patienten mit COVID-19 Erkrankung entsprechend der WHO-Empfehlung) [Lancet Infect Dis et al. 2020]. Patienten auf der Warteliste mit symptomatischer COVID-19-Erkrankung sollten frühzeitig stationär behandelt werden, da SARS-CoV-2 ein ACLF auslösen kann [Boettler, T et al. 2020] (siehe Empfehlungen in Kapitel: Wie ist die SARS-CoV-2 Infektion und die COVID-19 Erkrankung von Patienten auf der Lebertransplantationswarteliste zu behandeln?). Mehrere Studien legen nahe, dass eine COVID-19-Erkrankung insbesondere bei dekompensierter Zirrhose auch bei niedrigem MELD-Score ein ACLF auslösen kann und letzteres mit einer hohen Sterblichkeit assoziiert ist [Boettler, T et al. 2020] , [Bajaj, JS et al. 2021] , [Iavarone, M et al. 2020] , [Kim, D et al. 2021] . Insbesondere das Vorliegen einer dekompensierten Zirrhose und eines HCC, der Alkoholabusus und COPD wurden als Risikofaktoren für eine erhöhte Sterblichkeit bei COVID-19 Erkrankung ermittelt [Kim, D et al. 2021] .
Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion ohne pulmonale Symptomatik (WHO-Stadium ≤4) sollten nicht grundsätzlich als „nicht-transplantabel“ eingestuft werden, sondern können bei hoher Transplantationsdringlichkeit als Einzelfallentscheidung von der interdisziplinären Transplantationskonferenz für eine Lebertransplantation berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere für die Notfallsituation des akuten Leberversagens und bei ACLF, bei dem eine Verzögerung der Transplantation (auch nur um wenige Tage) mit einer hohen Kurzzeitletaliät assoziiert ist.
Patienten auf der Warteliste mit asymptomatischem Verlauf der SARS-CoV-2 Infektion bzw. nicht schwerer COVID-19 Erkrankung, die in häusliche Betreuung entlassen werden können, sollen ihre Quarantäne nach den aktuellen Empfehlungen des RKI fortsetzen [Boettler, T et al. 2020] . Hierbei soll auch berücksichtigt werden, dass auch andere Körperflüssigkeiten, z. B. Aszites, positiv sein können [Passarelli, VC et al. 2020] .